Große Wassermengen in protoplanetarer Scheibe
von Stefan Deiters astronews.com
21. Oktober 2011
Mit Hilfe des europäischen Infrarot-Weltraumteleskops
Herschel haben Astronomen in der protoplanetaren Staubscheibe um einen
jungen Stern Wasserdampf nachgewiesen. Dies deutet auf das Vorhandensein von Eis
auf den Staubkörnern in der Scheibe hin. Mit dem so gebundenen Wasservorrat ließen
sich nach Ansicht der Astronomen Tausende Ozeane füllen.
So könnte die protoplanetare Scheibe um TW
Hydrae aussehen.
Bild: NASA / JPL-Caltech |
Ziel der Beobachtungen des europäischen Infrarot-Weltraumteleskops
Herschel war der zwischen fünf und zehn Millionen Jahre alte Stern TW
Hydrae in 176 Lichtjahren Entfernung. Der Stern ist von einer Scheibe aus Gas
und Staub umgeben, in der sich eventuell Planeten bilden. Auch
die Planeten unseres Sonnensystems entstanden, so die Theorie der Astronomen,
aus einer solchen rotierenden Scheibe. Diese bestand aus dem Material, das von
der Entstehung unserer Sonne übrig geblieben war.
Mit Hilfe des Heterodyne Instrument for the Far Infrared (HIFI) an
Bord von Herschel ist es Astronomen nun gelungen, die Signatur von Wasserdampf
in der Staubscheibe um TW Hydrae nachzuweisen. Dieser entsteht nach Ansicht der
Forscher, wenn mit Eis überzogene Staubkörner durch die ultraviolette Strahlung
erwärmt werden. Hinweise auf Wasserdampf wurden in der gesamten Scheibe um TW Hydrae
entdeckt - obwohl die Signatur etwas schwächer war, als die
Astronomen erwartet hatten. Trotzdem spricht die Beobachtung für ein beachtliches
Reservoir an Wasser in der Umgebung von TW Hydrae. Dieses könnte dann einmal den
Planeten des Systems zur Verfügung stehen.
"Die Entdeckung von Wasser an Staubkörner in der gesamten Scheibe lässt sich
auch mit Geschehnissen in unserem Sonnensystem in Verbindung bringen", so
Michiel Hogerheijde von der Universität in Leiden in den Niederlanden, der die
Untersuchung leitete. "Hier haben sich über viele Millionen Jahre aus solchen
Staubkörnern Kometen gebildet. Von diesen Kometen glauben wir, dass sie eine
wichtige Quelle für Wasser auf den Planeten waren." Erst kürzlich war mit
Herschel der Nachweis gelungen, dass das Wasser im Kometen Hartley 2 dem Wasser in den Ozeanen der Erde gleicht (astronews.com berichtete).
Die Wissenschaftler haben die neuen Herschel-Beobachtungen mit Daten von bodengestützten
Teleskopen und denen des NASA-Infrarot-Weltraumteleskops Spitzer kombiniert und
dann versucht, mit Hilfe umfangreicher Simulationen abzuschätzen, wie groß das
Wasserreservoir in der protoplanetaren Scheibe um TW Hydrae ist. Nach ihren
Resultaten sollte es ausreichen, um die Ozeane der Erde mehrere 1000-mal zu
füllen.
"Wir haben schon Beobachtungszeit mit Herschel genehmigt bekommen, um die
Regionen um drei weitere Sterne zu untersuchen, in denen Planeten entstehen", so Hogerheijde. "Wir vermuten, dass wir in Sachen Wasserentdeckung da ganz ähnliche
Ergebnisse erzielen werden. Da die Objekte aber bis zu dreimal weiter entfernt
sind, werden wir deutlich länger beobachten müssen."
Die jetzt in der Fachzeitschrift Science veröffentlichten Beobachtungen sind
nach Ansicht der Wissenschaftler ein wichtiger Beitrag zum besseren Verständnis
der Rolle von Wasser in protoplanetaren Scheiben und liefern auch neue Hinweise
zur Beantwortung der Frage, wie Wasser einmal auf unseren Planeten gelangt ist.
"Mit Herschel können wir den Weg des Wassers bei allen Schritten der Stern- und
Planetenentstehung verfolgen", so Göran Pilbratt,
Herschel-Projektwissenschaftler bei der ESA. "Hier untersuchen wir das
'Rohmaterial' für die Planetenentstehung und dies ist entscheidend, wenn man
verstehen will, wie sich Planetensysteme wie unser Sonnensystem einmal gebildet
haben."
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