Große Mengen Wasser um jungen Stern
Redaktion
/ Pressemitteilung der Max-Planck-Gesellschaft astronews.com
9. Februar 2010
Mit Hilfe des IRAM-Interferometers haben Astronomen große Mengen Wasser in
einer Scheibe um einen jungen Stern nachgewiesen. Der Fund könnte helfen,
auch mehr über den bislang rätselhaften Ursprung des Wassers in unserem
Sonnensystem zu erfahren. Mit dem entdeckten Wasser könnte man die Ozeane
der Erde hundert Mal füllen.

Eine künstlerische Darstellung des jungen Sterns
NGC 1333 IRAS4B. Wissenschaftler glauben, dass in
der Scheibe die Planeten eines Sonnensystems
entstehen.
Bild: NASA / JPL-Caltech |
Wasser gilt als Elixier des Lebens - und das Weltall ist voll davon.
Jetzt haben Wissenschaftler das kostbare Element in einer Scheibe um
einen jungen Stern vom Typ unserer Sonne gefunden. Die Scheibe, in der
später vermutlich Planeten geboren werden, beinhaltet hundertmal mehr
Wasser als alle Ozeane der Erde zusammen. Die Beobachtungen gelangen mit
dem IRAM-Interferometer und werfen ein Licht auf die rätselhafte
Herkunft von Wasser in unserem eigenen Sonnensystem. Die Forscher
berichten über ihre Beobachtungen in der morgigen Ausgabe der
Fachzeitschrift The Astrophysical Journal.
Ein Großteil des Wassers in den irdischen Ozeanen stammt sehr wahrscheinlich
aus einer überaus instabilen molekularen Wolke, aus der einst unser
Planetensystem entstand. Wo sich das Wasser allerdings genau gebildet hat und
wie die einzelnen Moleküle schließlich vor ungefähr 4,5 Milliarden Jahren ihren
Weg von der riesigen Wolke auf einen so winzigen Himmelskörper wie die Erde
fanden, zählt zu den wichtigsten Fragen unserer Ursprungsgeschichte.
Zwar können Astronomen nicht die Zeit zurückdrehen, um die Geburt unseres
Sonnensystems zu beobachten. Aber sie nutzen Fernrohre als Zeitmaschinen, um
andere Sterne zu erforschen, in deren unmittelbarer Umgebung sich neue Planeten
und Planetensysteme bilden. Mit dem IRAM-Interferometer auf dem Plateau de Bure
in den französischen Alpen haben Forscher nun zum ersten Mal den genauen Ort
einer großen Menge heißen Wasserdampfs innerhalb einer Scheibe lokalisiert, die
um einen sehr jungen, sonnenähnlichen Stern kreist.
Weil die große Menge von Wasser in der Erdatmosphäre bestimmte Lichtstrahlen
verschluckt, braucht es Späher wie den kürzlich in den Orbit gebrachten
Infrarot-Satelliten Herschel, um normales Wasser (H216O)
im Weltall aufzuspüren. In einem von 500 Wassermolekülen lässt sich allerdings
das etwas schwerere Isotop 18O finden - und Strahlung dieses Wassers
schafft es, die irdische Lufthülle zu durchdringen und von den IRAM-Teleskopen
geortet zu werden. Da auf der Erde stationierte Teleskope viel größer sind als
alle bisher gebauten Satelliten und zusätzlich auch viel schärfer sehen, können
Astronomen dank ihrer Hilfe Details eines Sternentstehungsprozesses verfolgen
und dabei das vorhandene Wasser genau orten.
Die Astronomen Ewine van Dishoeck vom Max-Planck-Institut für
extraterrestrische Physik und dem Leiden Observatorium sowie Jes Jørgensen vom
Argelander Institut der Universität Bonn und von der Universität Kopenhagen
benutzten das IRAM-Interferometer, um nach den schwereren Wassermolekülen (H218O)
in der Umgebung von NGC 1333 IRAS4B zu fahnden - einem jungen Stern, der sich
erst vor ungefähr 10.000 bis 50.000 Jahren bildete. Dabei fanden die
Wissenschaftler heraus, dass ein Großteil des entdeckten Wasserdampfes in der
rotierenden Scheibe steckt und sich in einem Abstand von 25 Astronomischen
Einheiten (AE) um den jungen Stern befindet; das entspricht etwa der Distanz des
Planeten Neptun zur Sonne (1 AE ist die Entfernung Erde - Sonne, rund 150
Millionen Kilometer).
Frühere Beobachtungen dieses jungen Sterns hatten die Theorie nahegelegt,
dass das Wasser vor allem aus der molekularen Wolke stammt und in Form von Gas
regenähnlich auf die Scheibe nieseln könnte, um sich dort zu sammeln
(astronews.com berichtete). Die IRAM-Daten beweisen nun allerdings, dass die
Menge an Wasser innerhalb der Scheibe von NGC 1333 IRAS4B hundert Mal größer
ist, als es Modelle des oben genannten Szenarios vorhersagen - das entspricht
damit dem Hundertfachen der in unseren Weltmeeren enthaltenen Wassermenge!
"Das Wasser ist sehr wahrscheinlich in einer heißen Schicht direkt über der
mittleren Ebene der Scheibe zu finden, wo der Großteil des vorhandenen
Sauerstoffs durch chemische Reaktionen in Wassermoleküle eingeschlossen ist",
sagt die Astronomin Ewine van Dishoeck. "Im Gegensatz zu anderen Szenarien
deuten unsere Beobachtungen darauf hin, dass die meisten Wassermoleküle in
gefrorenem Zustand in die Scheibe eintreten, bedingt durch den Aufenthalt in der
kalten, kollabierenden molekularen Wolke. Die hohen Temperaturen in der Scheibe
so nahe an dem jungen Stern sorgen allerdings schnell dafür, dass dieser eisige
Mantel verdampft."
"Die Beobachtungen des Wasserdampfes innerhalb der Scheibe haben einen völlig
neuen Weg eröffnet, Wasser in jungen Sonnensystemen zu erforschen - komplementär
zu den Beobachtungen, die mit Satelliten möglich sind", erklärt Jes Jørgensen,
Hauptautor des Artikels. Nur das IRAM- Interferometer ist derzeit in der Lage,
diese überaus schwachen Signale des Wasserisotops einzufangen und in Bilder
umzuwandeln. Außerdem operiert das Instrument bei Wellenlängen, die es
ermöglichen, noch viel tiefer in diese Scheiben hineinzublicken. "Dabei lassen
sich auch die physikalischen und chemischen Prozesse studieren, welche die
Frühphasen dieser Scheiben entscheidend mitbestimmen und höchst wahrscheinlich
auch den Ausgangspunkt für spätere Planetenentstehungen bilden", so Jørgensen.
In den nächsten drei Jahren wird der Satellit Herschel viele
molekulare Wolken unserer Milchstraße und anderer Galaxien nach normalen
Wasservorkommen absuchen. Zusammen mit erdgebundenen Beobachtungen wird es
Astronomen auf diese Weise möglich sein, noch genauer zu bestimmen, wo, wie viel
und in welcher Phase Wasser in der Entwicklung eines jungen Sterns und seiner
Planeten eine entscheidende Rolle spielt. "Der gleichzeitige Zugang zu den
leistungsfähigen IRAM-Teleskopen und das Herschel-PACS-Instrument macht das
Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik zu einem einzigartigen Umfeld
für solche umfassenden Studien zu Wasser in jungen Sonnensystemen", sagt Ewine
van Dishoeck.
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