Sechs Moleküle in der Atmosphäre von HD 209458b
Redaktion
/ Pressemitteilung des Instituts für Weltraumforschung der ÖAW astronews.com
8. April 2021
Mithilfe des Telescopio Nazionale Galileo auf La
Palma haben Astronominnen und Astronomen den Gasriesen HD 209458b anvisiert, der
regelmäßig vor seiner Sonne vorüberzieht. Bei diesen Transits konnten sie nicht
nur Wasser, sondern auch fünf weitere Moleküle in dessen Atmosphäre nachweisen.
Das angewandte Verfahren könnte für Beobachtungen mit künftigen Großteleskopen
von Bedeutung sein.
Die Atmosphäre von HD 209458b wurde an der
Grenze zwischen der angestrahlten Hemisphäre und
der Nachtseite des Planeten untersucht.
Bild: INAF/Marco Galliani [Großansicht] |
Durch Beobachtungen mit dem italienischen Telescopio Nazionale Galileo
(TNG) auf La Palma und dank einer innovativen Datenanalyse wurden zum ersten Mal
sechs Moleküle gleichzeitig in der Atmosphäre eines Exoplaneten nachgewiesen.
"Wir haben Wasser, Kohlenmonoxid, Cyanwasserstoff, Methan, Ammoniak und Acetylen
gefunden", erläutert Luca Fossati vom Grazer Institut für Weltraumforschung
(IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.
Das Vorhandensein dieser Moleküle lässt auf eine größere Häufigkeit von
Kohlenstoff als von Sauerstoff schließen. "Das bedeutet wiederum, dass sich der
Planet in großer Entfernung von seinem Stern gebildet hat und dann auf ihn
zugewandert ist", so Fossati. HD 209458b ist einer der am besten untersuchten
Exoplaneten und kann als "historisch" bezeichnet werden, weil er bereits vor
etwa zwanzig Jahren entdeckt wurde.
Er ist ein Gasriese, der nur rund sieben Millionen Kilometer von seinem
Mutterstern entfernt ist - das ist ein Zwanzigstel des Abstands zwischen Erde
und Sonne. Daher hat HD 209458b eine sehr hohe Temperatur von beinahe 1800 °C
und eine sehr kurze Umlaufzeit von dreieinhalb Tagen. Es handelt sich also um
einen "heißen Jupiter", der außerdem - von der Erde aus betrachtet - vor seiner
Sonne vorüberzieht. In der Astronomie spricht man von einem Transit.
Das Team sammelte Daten von vier dieser Transits. "Bei einem Transit zieht
der Planet vor seinem Stern vorbei und das Licht des Sterns wird durch die
Atmosphäre des Planeten gefiltert." Zurück bleiben die charakteristischen
"Fingerabdrücke" der enthaltenen Moleküle. Üblicherweise konzentriert man sich
bei der Untersuchung von exoplanetaren Atmosphären im nahen Infrarot einzig und
allein auf Wasser, jenes Molekül, das in diesem Bereich des Spektrums dominiert.
Das Team wollte es allerdings genauer wissen: "Wir haben uns jedoch gefragt:
Hinterlassen all die anderen Moleküle, die wir theoretisch erwarten würden,
keine beobachtbaren Spuren?", so Fossati. Um das herauszufinden, musste die
Analysetechnik verfeinert werden, was einen großen Aufwand erforderte, aber
völlig neue Horizonte eröffnet: Die neu entwickelte Technik könnte in der Ära
der bodengebundenen Teleskope der nächsten Generation, wie z. B. dem Extremely
Large Telescopes, zum Einsatz kommen, um die Atmosphäre erdähnlicher Exoplaneten
nach echten Biomarkern, wie z. B. molekularem Sauerstoff, zu durchsuchen, die
Hinweise auf Leben geben könnten.
Über ihre Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Nature
veröffentlicht wurde.
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