Von wo die Erde vor der Sonne vorüberzieht
von
Stefan Deiters astronews.com
22. Oktober 2020
Mit der sogenannten Transitmethode wurden inzwischen
Tausende von extrasolaren Planeten entdeckt: Man sucht dabei nach Welten, die
- von der Erde aus betrachtet - regelmäßig vor ihrer Sonne vorüberziehen und diese
damit zeitweise verdunkeln. Doch von welchen extrasolaren Planeten wäre auch ein
Transit der Erde vor der Sonne sichtbar? Eine neue Studie liefert nun eine
Antwort.
![Transitplanet](../../../bilder/2020/2010-018.jpg)
Mit der Transitmethode wird nach Planeten gesucht, die - von
der Erde aus betrachtet - vor ihrer Sonne vorüberziehen.
Bild: ESO/L. Calçada [Großansicht] |
Um einen Planeten mit der Transitmethode zu finden, müssen wir unter einem
ganz bestimmten Winkel auf ein fernes Planetensystem blicken. Nur dann zieht die ferne Welt
- von der Erde aus betrachtet - vor ihrer Sonne vorüber. Dies
gleicht beispielsweise einem aus unserem Sonnensystem bekannten Transit von
Venus oder Merkur vor der Sonne. Allerdings lässt sich der Planet bei Transits vor anderen
Sternen natürlich nicht erkennen. Registriert werden kann aber ein winziger
und regelmäßiger Helligkeitsabfall der fernen Sonne.
Trotz der speziellen Anforderungen wurden mit diesem Verfahren, das etwa
das NASA-Teleskop Kepler angewandt hat, inzwischen bereits mehrere
tausend
extrasolare Planeten aufgespürt. Nun haben sich Lisa Kaltenegger von der
Cornell University und Joshua Pepper von der Lehigh University praktisch
mit dem umgekehrten Problem befasst: Von welchen potentiellen Planeten um
sonnenähnliche Sterne würde sich eigentlich ein Transit der Erde vor unserer
Sonne beobachten lassen?
Die Beobachtung eines Planetentransits bietet einen entscheidenden Vorteil:
Sie erlaubt in der Regel auch die Untersuchung der Atmosphäre des
Transitplaneten, weil Licht des Zentralsterns durch die Atmosphäre des vor
diesem vorüberziehenden Planeten fällt - wenn denn eine Atmosphäre vorhanden
ist. "Wenn es Beobachter da draußen gibt, die nach anderen Planeten suchen,
könnten sie Hinweise auf die Biosphäre in der Atmosphäre der Erde finden", so
Kaltenegger zu den Sternen, von denen Transitbeobachtungen der Erde möglich sein
sollten.
Entscheidend dabei ist wieder, unter welchem Winkel man von einem fernen Planetensystem
auf die Umlaufebene der Erde um die Sonne blickt. Kaltenegger und Pepper haben
in Bezug darauf den Sternkatalog des NASA-Satelliten TESS genutzt und eine Liste
von Sternen erstellt, von denen - bzw. von einem Planeten in ihrem Orbit - aus
man einen Transit der Erde beobachten könnte. Insgesamt fanden sie 1004 Sterne
in einem Umkreis von rund 300 Lichtjahren,
die grundsätzlich unserer Sonne ähnlich sind und theoretisch auch über Planeten
verfügen könnten.
"Die hellsten dieser Sterne lassen sich sogar ohne Fernglas oder Teleskop mit
bloßem Auge am Nachthimmel erkennen", so Kaltenegger. Wenn man künftig einen
Planeten um einen Stern auf dieser Liste findet, der möglicherweise auch
lebensfreundlich ist, "könnte man sich schon fragen, ob nicht auch dort
vielleicht jemand gerade in unsere Richtung schaut".
"Wenn wir nach intelligentem Leben im Universum suchen, das in der Lage
ist, uns zu finden
und vielleicht Kontakt aufnehmen möchte, dann haben wir hier eine Art Karte
vorgelegt, wo man zuerst hinschauen sollte", unterstreicht Kaltenegger.
Über ihre Studie berichten Kaltenegger und Pepper in einem Fachartikel, der in
den Monthly Notives of the Royal Astronomical Society erschienen ist.
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