Schnellster Stern ums Schwarze Loch
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Köln astronews.com
17. August 2020
Im Zentrum der Milchstraße befindet sich ein
supermassereiches Schwarzes Loch. In dessen Nähe haben Astronominnen und
Astronomen in den letzten Jahren eine Reihe von Sternen identifiziert, die mit
großer Geschwindigkeit um das Schwarze Loch kreisen. Nun ist einem Team ein
besonders schnelles Exemplar ins Netz gegangen. Bei S4711 könnte es sich sogar
um einen eigentümlichen Squeezar handeln.
Künstlerische Darstellung der Bahnen von
Sternen um das supermassereiche Schwarze Loch im
Zentrum der Milchstraße.
Bild: ESO/M. Parsa/L. Calçada [Großansicht] |
Dr. Florian Peißker und Professor Dr. Andreas Eckart vom I. Physikalischen
Institut der Universität zu Köln haben mit dem Very Large Telescope in
Chile den bislang schnellsten Stern identifiziert. Er trägt den Namen S4711 – in
Anlehnung an das bekannte Kölner Duftwasser. Der Stern kreist mit einer
Geschwindigkeit von 24.000 Kilometer pro Sekunde (etwa 86 Millionen Kilometer
pro Stunde) um das Schwarze Loch Sagittarius A*, das das Zentrum unserer
Milchstraße darstellt.
Einige Hochgeschwindigkeitssterne, die als S-Sterne bekannt sind, waren um
das zentrale Schwarze Loch der Milchstraße bereits bekannt. Da diese
superschnellen Sterne so nah an dem Schwarzen Loch liegen, waren sie in der
Vergangenheit schwer zu entdecken. Mit der Entwicklung größerer Teleskope und
fortschrittlicher Analysetechniken wurden jedoch immer mehr dieser
ungewöhnlichen Sterne gefunden.
Einer der hellsten Mitglieder dieser Sterngruppe, der Stern S2, galt bislang
mit einer Umlaufdauer von 15,9 Jahren um das galaktische Zentrum als der
schnellste. Doch Postdoktorand Florian Peißker und seine Kolleginnen und
Kollegen haben jetzt sogar zwei Sterne entdeckt, die noch schneller sind: Der
erste, S62, benötigt 9,9 Jahre – und der allerschnellste, S4711, nur 7,6 Jahre.
Peißker spekuliert außerdem, dass der superschnelle Stern der erste bekannte
"Squeezar"-Kandidat sein könnte. Diese Objekte werden als eine Klasse von
heiß-kalten Sternen auf einer hochgradig exzentrischen Umlaufbahn um ein
supermassives Schwarzes Loch beschrieben. Ihre Umlaufbahn weicht also stark von
einer Kreisform ab.
Der Temperaturwechsel ergibt sich aus der Reaktion der Sterne auf
Gezeitenwechselwirkungen mit dem supermassereichen Schwarzen Loch, das sie
umkreisen. "Squeezer können sehr hell sein und sich temporär um mehrere tausend
Grad erhitzen", erläutert Peißker. "Wir schätzen unseren S4711 auf eine stellare
Höchsttemperatur von 10.000 Kelvin – die der Sonne ist zum Vergleich übrigens
nur 5.778 Kelvin heiß!"
Peißker geht davon aus, dass diese Entdeckungen wahrscheinlich nicht die
letzten sein werden: "Wir werden sicher noch mehr superschnelle Sterne finden.
Insbesondere mit dem Extremely Large Telescope, das derzeit auch mit
Beteiligung der Uni Köln in der Atacamawüste auf 5000 Meter Höhe gebaut wird."
Nach seiner Fertigstellung wird das Extremely Large Telescope das
größte optische bzw. Nahinfrarot-Teleskop der Welt sein und 13-mal mehr Licht
sammeln als die größten heute existierenden optischen Teleskope. Es soll 2025 in
Betrieb gehen.
Über ihre Funde berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift The Astrophysical Journal erschienen ist.
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