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ATOMPHYSIK
Die Physik des Segelns mit Sonnenlicht
Redaktion / idw / Pressemitteilung der Universität Frankfurt 
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17. Juni 2020

Auf den ersten Blick wirkt es verblüffend, doch man kann tatsächlich mit Sonnenlicht segeln: Schuld sind die Lichtteilchen, die einen Teil ihres Impulses bei einem Aufprall übertragen. Mit kleinen Raumsonden und gewaltigen Sonnensegeln wurde das Konzept bereits mehrfach erfolgreich erprobt. Nun haben Forschende einen genaueren Blick auf die physikalischen Grundlagen werfen können.

NanoSail-D

Das Segeln mit Sonnenlicht wurde bereits mehrfach mit kleinen Sonden ausprobiert, hier der NASA-Satellit NanoSail-D. Bild: NASA [Großansicht]

Bereits im 16. Jahrhundert postulierte Johannes Kepler, dass das Sonnenlicht einen gewissen Druck ausübt, zeigte doch der Schweif der von ihm beobachteten Kometen stets weg von der Sonne. 2010 nutzte die japanische Raumsonde Ikaros erstmals ein Sonnensegel, um durch die Kraft des Sonnenlichts ein wenig schneller zu werden. Andere experimentelle Raumsonde, etwa von der NASA oder der Planetary Society, zeigten auch, dass das "Segeln mit Sonnenlicht" funktioniert.

 Physikalisch und intuitiv kann der Licht- oder Strahlungsdruck mit den Teilcheneigenschaften von Licht erklärt werden: Die Lichtteilchen, die sogenannten Photonen, prallen auf die Atome eines Körpers und übertragen einen Teil ihres eigenen Impulses (physikalisch: Masse mal Geschwindigkeit) auf den Körper, der dadurch schneller wird.

Als Physiker im 20. Jahrhundert diese Impuls-Übertragung allerdings im Labor in Experimenten mit Photonen bestimmter Wellenlängen untersuchten, die aus Atomen einzelne Elektronen herausschlugen, stießen sie auf ein überraschendes Phänomen: Der Impuls des herausgeschlagenen Elektrons war größer als der des ankommenden Photons. Dies ist eigentlich unmöglich, denn seit Isaac Newton ist bekannt, dass es in einem System für jede Kraft ein gleich große, aber entgegengesetzte Kraft geben muss, quasi den Rückstoß.

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Daher folgerte 1930 der Münchener Wissenschaftler Arnold Sommerfeld, dass der zusätzliche Impuls des wegfliegenden Elektrons von dem Atom stammen muss, das es zurücklässt. Dieses Atom müsse in die entgegengesetzte Richtung und damit auf die Lichtquelle zu fliegen. Nachmessen konnte man das mit den damals verfügbaren Instrumenten nicht.

90 Jahre später ist es jetzt Physikern um den Doktoranden Sven Grundmann und Prof. Reinhard Dörner vom Institut für Kernphysik der Universität Frankfurt erstmals gelungen, diesen Effekt mit dem an der Goethe-Universität Frankfurt entwickelten COLTRIMS-Reaktionsmikroskop zu vermessen. Sie nutzten dazu Röntgenlicht an den Beschleunigerzentren DESY in Hamburg und ESRF im französischen Grenoble, um aus Helium- und Stickstoffmolekülen Elektronen herauszuschlagen. Die Bedingungen wählten sie dabei so, dass dafür jeweils nur ein Photon pro Elektron genügte. Den Impuls von herausgeschlagenen Elektronen und der nunmehr geladenen Helium- und Stickstoffionen konnten Sie im COLTRIMS-Reaktionsmikroskop mit bislang unerreichter Genauigkeit bestimmen.

"Wir konnten nicht nur den Impuls des Ions messen, sondern auch sehen, woher er kommt, nämlich vom Rückstoß des herausgeschlagenen Elektrons", erklärt Dörner. "Wenn Photonen bei solchen Stoßexperimenten niedrige Energien haben, kann man rechnerisch den Photonenimpuls vernachlässigen. Bei hohen Photonen-Energien führt das allerdings zu Ungenauigkeiten. In unseren Experimenten haben wir jetzt die energetische Schwelle bestimmen können, ab der der Photonenimpuls nicht mehr vernachlässigt werden kann. Unser experimenteller Durchbruch erlaubt uns jetzt viele weitere Fragen zu stellen, wie etwa die, was sich ändert, wenn man die Energie auf zwei oder mehr Photonen verteilt."

Die Ergebnisse wurden jetzt in einem Fachartikel in der Zeitschrift Physical Review Letters veröffentlicht.

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siehe auch
Cosmos 1: Experiment mit Sonnensegel misslungen - 23. Juli 2001
Links im WWW
Preprint des Fachartikels bei arXiv.org
Institut für Kernphysik der Universität Frankfurt
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