Objekte in erdnahen Umlaufbahnen im Blick
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
26. Mai 2020
Immer mehr Objekte kreisen um die Erde - kontrolliert und
unkontrolliert. Die Raumfahrt stellt dies vor besondere Herausforderungen, gilt
es doch, Kollisionen zu vermeiden, durch die teure Satelliten zerstört und
weitere Trümmerteile entstehen könnten. In Empfingen baut man nun ein neues
Teleskop, mit dem auch noch Objekte erfasst werden sollen, die nur zehn
Zentimeter groß sind.
Visualisierung des geplanten
DLR-Forschungsobservatoriums: Auf dem Campus
Empfingen sollen die Bauarbeiten in diesen Tagen
beginnen. Die Einweihung ist im Frühjahr 2021
geplant.
Bild: DLR (CC-BY 3.0) [Großansicht] |
Mit einem neuen Forschungsobservatorium geht das Deutsche Zentrum für Luft-
und Raumfahrt (DLR) einen weiteren Schritt, um die Flugbahn und Beschaffenheit
von Objekten in erdnahen Umlaufbahnen möglichst schnell, präzise und zuverlässig
zu bestimmen. Für die Zukunft der Raumfahrt ist das elementar. Nur so lassen
sich Zusammenstöße, zum Beispiel von Weltraumschrott mit Satelliten, vermeiden.
Im Fokus der Forschungs- und Entwicklungsarbeiten des DLR-Instituts für
Technische Physik steht die hochgenaue Entfernungsmessung mithilfe spezieller
Laser. Zudem wollen die DLR-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler bisher
unbekannte orbitale Objekte ausfindig machen und mit Spektralanalysen, bei denen
sie die farbliche Zusammensetzung des Lichts der Objekte ermitteln, möglichst
genau charakterisieren. Sie können auf diese Weise zum Beispiel herausfinden, um
was für ein Objekt es sich handelt, in welcher Bahn es sich befindet und wie
es rotiert.
"Mit dem Forschungsobservatorium am Innovationscampus in Empfingen führen wir
unsere bisherigen Entwicklungsarbeiten zusammen. Das neue und wesentlich größere
Teleskop ermöglicht es uns, noch kleinere Objekte zu untersuchen und die
Technologieentwicklung in diesem Bereich wesentlich voranzutreiben. Unser Ziel
ist es, Objekte, die bis zu zehn Zentimeter klein sind, zu erfassen, zu orten
und zu bestimmen“, erklärt Prof. Thomas Dekorsy, Direktor des in Stuttgart
ansässigen DLR-Instituts für Technische Physik.
Die Bauarbeiten für das optische Großteleskop mit dem Projektnamen MS-LART
(Multi-Spectral Large Aperture Receiver Telescope, Multispektrales
Empfangsteleskop) beginnen Ende Mai 2020 auf dem Innovationscampus Empfingen im
Nordschwarzwald. In einem 15 Meter hohen Rundturm mit drehbarer Kuppel wird das
Teleskop mit einem Primärspiegeldurchmesser von 1,75 Metern untergebracht sein.
Der Innovationscampus ist für die DLR-Forschenden aus Stuttgart-Vaihingen
schnell zu erreichen und bietet ideale Bedingungen für die Forschungsarbeiten.
"Wir freuen uns sehr auf die Zusammenarbeit mit dem dortigen
Innovationscampus und der Gemeinde Empfingen und danken für die umfangreiche
Unterstützung. Unser Team steht bereits in den Startblöcken, um loszulegen",
sagt Dekorsy. Die Spezialfirma Astro Systeme Austria (ASA) fertigt Teleskop und
Gebäude. Im Dezember 2020 soll das Teleskop das "erste Licht" empfangen. "First
light" bezeichnet in der Astronomie den Augenblick, in dem zum ersten Mal das
Licht eines Gestirns auf den Spiegel oder die Linse eines neuen Teleskops fällt.
Die offizielle Einweihung ist für das Frühjahr 2021 geplant. Das
DLR-Forschungsteleskop ist dann das größte seiner Art in Europa. Die
Investitionssumme von rund 2,5 Millionen Euro stammt aus Mitteln des DLR und des
Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi).
Im Fokus der Beobachtungen und Messungen der DLR-Wissenschaftlerinnen und
-Wissenschaftler stehen vor allem Objekte, die zwischen 400 und 2000 Kilometer
von der Erde entfernt sind. In dieser niedrigen Umlaufbahn (Low Earth Orbit,
kurz LEO) umkreisen immer mehr Satelliten die Erde – und damit langfristig auch
Weltraumschrott. Er kann zur Gefahr für die bemannte wie unbemannte Raumfahrt
werden. Schätzungen gehen davon aus, dass im niedrigen Erdorbit bis Ende der
2020er Jahre rund 70.000 Satelliten und mehr unterwegs sein könnten. Vor allem
sogenannte Mega-Konstellationen, die aus Tausenden Satelliten bestehen, werden
erheblich zu dieser Entwicklung beitragen.
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