Deorbiting-Systeme im Visier
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Fraunhofer-Instituts für Hochfrequenzphysik und
Radartechnik FHR astronews.com
22. Januar 2019
Weltraumschrott stellt für die Raumfahrt eine immer größere
Bedrohung da. Schon ein winziges Trümmerteil könnte beispielsweise einen
Kommunikationssatelliten komplett unbrauchbar machen. Damit sich nicht immer
mehr Müll im Erdorbit ansammelt, werden neue Satelliten mit Deorbiting-Systemen
ausgestattet. Ihre Funktion lässt sich mit Radar überprüfen, etwa mit dem
Radarsystem TIRA.
Radarabbildung des CNES-Satelliten MICROSCOPE
mit zwei entfalteten Deorbiting-Segeln (unten),
aufgenommen mit dem TIRA-System des Fraunhofer
FHR.
Bild: Fraunhofer FHR [Großansicht] |
Für weniger Schrott im All und mehr Sicherheit für Satelliten sollen künftig
"Deorbiting"-Systeme sorgen. In die Raumflugkörper integriert, sollen sie diese
nach ihrem Missionsende gezielt abstürzen lassen. Die Selbstverpflichtung der
Raumfahrtbetreiber zu diesen Maßnahmen und damit die zugehörigen Technologien
sind noch relativ jung.
Mit dem Weltraum-Beobachtungsradar TIRA unterstützt das Fraunhofer FHR
Hersteller und Betreiber deshalb mit Analysen der Systeme im Einsatz und gibt so
wichtige Hinweise zur ihrer korrekten Funktion und wie sie für ihre wichtige
Aufgabe weiter optimiert werden können. Ihre Weltraum-Radare TIRA und GESTRA
stellen die Forscher mit Einsatzbeispielen auch bei der ESA Neo and Debris
Detection Conference vor, die in dieser Woche in Darmstadt stattfindet.
Im Herbst 2018 hat die französische Raumfahrtagentur CNES bei ihrem
Satelliten Microscope mit dem Entfalten von zwei neuartigen, passiven
Deorbiting-Segeln, die wie Bremssegel funktionieren sollen, das Ende der
Microscope-Mission eingeleitet. Sie bringen den Satelliten auf eine sich
der Erde immer weiter nähernde Umlaufbahn, so dass er in 25 Jahren in der
Erdatmosphäre verglühen soll.
Zu diesen Maßnahmen haben sich die Raumfahrtorganisationen freiwillig selbst
verpflichtet, da Überreste früherer Weltraummissionen zunehmend unsere
allgestützte Infrastruktur für Kommunikation, Navigation und vieles mehr
bedrohen. Denn schon ein Zusammenstoß mit einem nur ein Zentimeter großen
Teilchen kann einen aktiven Satelliten erheblich beschädigen oder zerstören.
Mehr Nachhaltigkeit im All ist also gefragt. Nach und nach kommen nun die
ersten Deorbiting-Systeme zum Einsatz. Diese Technologien sind noch relativ jung
und die Kontrolle der korrekten Funktionsweise für Hersteller und
Raumfahrtorganisationen ist daher umso wichtiger. Sie könnte durch Elemente wie
Kameras auf dem Satelliten selbst erfolgen. Das verursacht allerdings hohe
Zusatzkosten und birgt ein gewisses Risiko, da diese Sensoren wartungsfrei die
komplette Lebens- und Deorbiting-Dauer des Satelliten funktionstüchtig bleiben
müssen.
Mit dem Weltraumbeobachtungsradar TIRA können die Wissenschaftler des
Fraunhofer FHR Raumfahrtbetreiber jederzeit zuverlässig vom Boden aus bei der
Analyse der Systeme unterstützen. Beim CNES-Satelliten Microscope konnte TIRA
auf wenige Zentimeter genau vermessen, dass sich beide 4,5 Meter langen
Deorbiting-Segel vollständig entfaltet und im korrekten Winkel zum Satelliten
ausgerichtet hatten.
Zusammen mit den von CNES am Satelliten selbst angebrachten Drucksensoren
konnte so der erste Erfolg dieses Deorbiting-Systems gefeiert werden. In
weiteren Messungen wird TIRA untersuchen, ob die Segel weiterhin stabil bleiben
und sich die Umlaufbahn des Satelliten verringern wird. Auch wenn kein Kontakt
mehr zum Weltraumsystem besteht, hilft das Fraunhofer FHR mit immer feineren
Verfahren bei der Analyse von Fehlfunktionen und beim Erstellen von
Wiedereintrittsprognosen ausgemusterter oder unkontrollierbar gewordener
Raumfahrtsysteme wie der im Frühjahr 2018 abgestürzten chinesischen Raumstation
Tiangong-1.
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