Eine gebogene Brücke aus Gas
von
Stefan Deiters astronews.com
12. Mai 2020
Abell 2384 besteht aus zwei Galaxienhaufen, die nach einer
Kollision durch eine drei Millionen Lichtjahre lange Brücke aus Gas verbunden
sind. Allerdings scheint diese Verbindung gebogen zu sein. Neue Beobachtungen
mehrerer Teleskope haben nun die Ursache enthüllt: Verantwortlich ist ein Jet,
der aus der Nähe eines supermassereichen Schwarzen Lochs stammt.
Abell 2384. Kombination von Beobachtungen mehrere Teleskope.
Bild: NASA / CXC / SAO / V.Parekh, et al. &
ESA / XMM-Newton (Röntgen), NCRA / GMRT (Radio) [Großansicht
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Galaxienhaufen sind die größten Strukturen im Universum, die durch ihre
gegenseitige Anziehungskraft aneinander gebunden sind. Sie bestehen aus
Hunderten oder gar Tausenden von Galaxien, großen Mengen an Dunkler Materie und
- zwischen den Galaxien - gewaltigen Mengen an heißem Gas. Dieses heiße Gas
leuchtet hell im Röntgenbereich, weshalb vielfach entsprechende Teleskope
genutzt werden, um mehr über die Struktur von Galaxienhaufen zu erfahren.
Abell 2384 liegt rund 1,2 Milliarden Lichtjahre von der Erde entfernt und
dürfte eine geschätzte Gesamtmasse von rund 260 Billionen Sonnenmassen haben.
Das System besteht eigentlich aus zwei Galaxienhaufen, die vor einigen hundert
Millionen Jahren kollidiert sind und dabei einander durchdrungen haben. Dabei
entstand eine eigentümliche Brücke aus Gas zwischen den beiden Galaxienhaufen.
Die Masse dieser Brücke schätzt man auf rund sechs Billionen Sonnenmassen.
Die Kombination von Beobachtungen der beiden Röntgenweltraumteleskope Chandra
und XMM-Newton, von Radiobeobachtungen des Giant Metrewave Radio Telescope
in Indien sowie optischer Daten hat nun gezeigt, warum die Gasbrücke zwischen
den beiden Galaxienhaufen gebogen erscheint: Grund ist ein gewaltiger
gebündelter Teilchenstrahl, ein sogenannter Jet, der aus der unmittelbaren
Umgebung eines supermassereichen Schwarzen Lochs im Zentrum einer der Haufengalaxien ins
All schießt. Dort, wo der Jet auf das Material der Gasbrücke trifft, hat das
Team auch Hinweise auf eine Stoßfront gefunden.
Beobachtungen wie diese können der Astronomie helfen, mehr über die
Entwicklung und das Wachstum von Galaxienhaufen zu erfahren. Simulationen deuten
beispielsweise darauf hin, dass kollidierende Galaxienhaufen wie ein Pendel hin- und
herschwingen und sich mehrfach durchdringen können, bevor sie schließlich zu
einem größeren Haufen verschmelzen.
Über ihre Beobachtungen berichtete das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Monthly Notices of the Royal Astronomical Society
erschienen ist.
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