Die Geheimnisse eines Galaxienhaufens
von Stefan Deiters astronews.com
19. Januar 2018
Eine neue Aufnahme des Weltraumteleskops Hubble zeigt einen
Blick auf einen Teilbereich des Galaxienhaufens Abell 1758, eine gewaltige
Ansammlung mehrerer hundert Galaxien. Doch hinter dessen scheinbar so friedlichem Aussehen
verbirgt sich eine dramatische Geschichte: Teilbereiche des Haufens sind gerade
dabei zu verschmelzen.
Der nördliche Teil des Galaxienhaufens Abell
1758.
Bild: ESA/Hubble & NASA [Großansicht] |
Galaxienhaufen zählen zu den größten Strukturen im Universum, die durch ihre
gegenseitige Anziehungskraft zusammengehalten werden. Sie enthalten nicht nur
Hunderte oder gar Tausende von Galaxien, sondern auch jede Menge an heißem Gas
und von Dunkler Materie. Praktisch alle Galaxien sind Teil eines Galaxienhaufens
oder einer Galaxiengruppe - auch unsere Milchstraße. Sie ist Teil der "Lokalen
Gruppe".
Der Galaxienhaufen Abell 1758, dessen nördlicher Teil in einer jetzt
veröffentlichten Aufnahme des Weltraumteleskops Hubble zu sehen ist, liegt in
einer Entfernung von rund 3,2 Milliarden Lichtjahren und besteht aus vielen
hundert Galaxien. Der Haufen wurde im Jahr 1958 entdeckt und zunächst für ein
uniformes Gebilde gehalten, bis Beobachtungen im Röntgenbereich darauf
hindeuteten, dass es in dem Haufen nicht nur eine Konzentration von Galaxien
gab, sondern zwei.
Inzwischen wurde der Haufen unzählige Male von Teleskopen anvisiert und seine
doppelte Struktur bestätigt: Er besteht aus zwei massereichen Unterhaufen, die
Astronomen als Abell 1758N und Abell 1758S (für Nord und Süd) bezeichnen. Sie
sind rund 2,4 Millionen Lichtjahre voneinander entfernt, gravitativ aneinander
gebunden, zeigen aber offensichtlich bislang keine Spuren einer Wechselwirkung.
Der in der Hubble-Aufnahme sichtbare Teilhaufen Abell 1758N lässt sich weiter
in Unterstrukturen unterteilen - in einen östlichen und einen westlichen Teil.
Störungen in jedem dieser beiden Strukturen deuten darauf hin, dass diese durch
die Kollision und Verschmelzung kleinerer Gruppen entstanden sind. Auch
Radiobeobachtungen sprechen dafür, dass sich in Abell 1758 noch immer
Kollisionen und Verschmelzungen abspielen, die Entstehung des Galaxienhaufens
also noch nicht abgeschlossen ist.
Die Beobachtung von Kollisionen von Galaxienhaufen kann Astronomen einiges
über die Strukturbildungsprozesse im Universum verraten. Interessant ist auch das Verhalten
der verschiedenen Komponenten der Haufen - Sterne, Gas, Dunkle Materie - dabei.
Daraus lassen sich nämlich eventuell Informationen über die Eigenschaften der
mysteriösen Dunklen Materie ableiten.
Die Ansicht von Abell 1758N basiert auf Daten der Advanced Camera for Surveys
und der Wide Field Camera 3 des Weltraumteleskops Hubble, die im Rahmen des
Beobachtungsprogramms RELICS gewonnen wurden. Dabei sollen insgesamt 41
massereiche Galaxienhaufen anvisiert werden, die als Gravitationslinsen dienen
könnten, um noch weiter entfernte Galaxien in der Frühzeit des Universums
aufzuspüren.
|