Blick in den Haufen der Pandora
von Stefan Deiters astronews.com
17. Januar 2014
NASA und ESA haben in der letzten Woche ein erstes Bild
veröffentlicht, das im Rahmen eines neuen umfangreichen Beobachtungsprogramms
mit dem Weltraumteleskop Hubble entstanden ist. Bei der Ansicht des
auch als "Haufen der Pandora" bekannten Galaxienhaufens Abell 2744 handelt es
sich um den bislang tiefsten Blick in einen Galaxienhaufen überhaupt.
Hubbles neuer
Blick auf Abell 2744.
Bild: NASA, ESA und J. Lotz, M. Mountain,
A. Koekemoer, und das HFF Team (STScI) [Großansicht] |
Der Galaxienhaufen Abell 2744 ist für Astronomen kein Unbekannter. So
stellten sie bei einer Untersuchung mit dem Weltraumteleskop Hubble im
Jahr 2011 fest, dass Abell 2744 durch die Kollision von mindestens vier
kleineren Galaxienhaufen entstanden ist und beobachteten in ihm eine Vielzahl
von kosmischen Phänomenen, von denen man einige zum ersten Mal überhaupt gesehen
hat. Das brachte Abell 2744 den Spitznamen "Haufen der Pandora" ein (astronews.com
berichtete).
Jetzt haben Astronomen Abell 2744 erneut anvisiert. Der Haufen gehört zu
insgesamt sechs Galaxienhaufen, die im Rahmen des kürzlich gestarteten
Beobachtungsprogramms "The Frontier Fields" genau unter die Lupe genommen
werden. Dabei sollen die Haufen nicht nur mit Hubble, sondern auch mit
den Weltraumteleskopen Spitzer und Chandra beobachtet werden,
die im Infraroten und im Röntgenbereich arbeiten (astronews.com
berichtete).
Zur Beobachtung der sechs Galaxienhaufen sind innerhalb von drei Jahren 840
Erdumkreisungen von Hubble reserviert, wodurch der bislang tiefste
Blick ins All entstehen soll. Normalerweise sind für bestimmte Hubble-Beobachtungen
nur einige wenige oder maximal eine Anzahl von Erdumrundungen im niedrigen
zweistelligen Bereich eingeplant. Bereits das erste im Rahmen des neuen
Programms gewonnene Bild stellt den "tiefsten" Blick auf einen Galaxienhaufen
dar, der bislang gewonnen wurde. Auf der Aufnahme kommen auch lichtschwache
Galaxien zum Vorschein, die ansonsten gar nicht zu sehen gewesen wären.
Die Konzentration auf Galaxienhaufen hat aber einen ganz besonderen Grund:
Die Astronomen wollen sich nämlich ein als
Gravitationslinseneffekt bekanntes Phänomen zunutze machen. Durch massereiche
Objekte wird das Licht entfernterer, direkt dahinter liegender Systeme
so abgelenkt, dass es nicht nur auf typische Weise verzerrt, sondern auch verstärkt wird. Auf
diese Weise lassen sich Galaxien untersuchen, die ohne diesen Effekt selbst mit
Hubble nicht zu beobachten wären.
Auch auf der jetzt veröffentlichten Aufnahme von Abell 2744 sind nicht nur
die großen elliptischen Galaxien sowie die farbenfrohen Spiralgalaxien des
eigentlichen Galaxienhaufens zu sehen. Rund um den Haufen finden sich zahlreiche
bläuliche Bögen und stark verzerrte Strukturen, bei denen es sich um die
verzerrten Abbilder weit entfernter Galaxien handelt.
Erste Ergebnisse des Programms gibt es schon: So entdeckte ein Astronomenteam
mithilfe von Hubble und Abell 2744 als Gravitationslinse eine ganze
Reihe von Objekten, bei denen es sich um weit entfernte und verzerrte Galaxien
handeln könnte. Bei fünf Objekten glauben sie sogar, dass durch die Gravitation
des Haufens gleich mehrere Bilder von ihnen entstanden sind. Ein Fachartikel
über die Beobachtungen haben die Wissenschaftler noch im letzten Jahr beim
Astrophysical Journal zur Veröffentlichung eingereicht.
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