Mit Blaualgen in die Weiten des Alls
Redaktion
/ Pressemitteilung des Zentrums für angewandte Raumfahrttechnologie und
Mikrogravitation astronews.com
18. November 2019
Wie lassen sich künftige Raumfahrerinnen und Raumfahrer auf
Langzeitmissionen mit lebenswichtigen Stoffen versorgen und wie könnte man die
auf dem Mars vorhandenen Rohstoffe für Menschen nutzbar machen? Eine wichtige
Rolle dabei könnten Blaualgen spielen. In einem neuen Labor für angewandte
Raumfahrt-Mikrobiologie in Bremen werden diese Bakterien nun weiter erforscht.
Cyprien Verseux bei der Untersuchung des
Wachstums von Blaualgen.
Foto: ZARM / Universität Bremen [Großansicht] |
Am Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM)
der Universität Bremen gibt es ein neues Forschungsgebiet: Humboldt-Stipendiat
Dr. Cyprien Verseux hat das Labor für angewandte Raumfahrt-Mikrobiologie
aufgebaut, in dem er seine Forschung an Cyanobakterien vorantreibt. Diese
Mikroorganismen, die uns auch als Blaualgen in Badeseen bekannt sind, könnten
eine Schlüsselposition für einen langfristigen Aufenthalt auf anderen Planeten
einnehmen.
Astrobiologe Verseux nannte schon einige - teils sehr exotische - Orte sein
Zuhause: Sein Heimatland Frankreich, die Hauptstadt Italiens, die Westküste
Amerikas, den Mauna Loa Vulkan auf Hawaii sowie die Concordia Station in der
Antarktis. Nun ist es Professor Marc Avila als seinem Gastgeber für das
Humboldt-Stipendium gelungen, ihn an die Universität Bremen zu locken. Begleitet
wird Verseux dabei von seinen Forschungsobjekten, den Cyanobakterien: blaugrüne
Bakterien, die wie Pflanzen Photosynthese betreiben und unter anderem Sauerstoff
produzieren. Mit ihrer Hilfe können die wenigen Rohstoffe, die beispielsweise
auf dem Mars vorhandenen sind, für den Menschen nutzbar gemacht werden.
Während Cyanobakterien die Badegäste im Sommer von den Seen fernhalten,
präsentieren sich die Mikroorganismen in der Raumfahrt als wahres
Allround-Talent. Sie wachsen durch Photosynthese, können Stickstoff binden und
sind darüber hinaus in der Lage, Nährstoffe aus Gestein zu extrahieren. Mit
diesen Eigenschaften sind sie hervorragend ausgerüstet, aus den wenigen auf dem
Mars verfügbaren Materialien, überlebenswichtige Verbrauchsgüter wie Sauerstoff,
Treibstoff, Lebensmittel und Medikamente zu gewinnen.
Dazu verwenden die Cyanobakterien hauptsächlich atmosphärische Gase, vor Ort
gewonnenes Wasser aus Grundeis oder Mars-Regolith, also feines Geröll und Staub
von der Marsoberfläche. Verseuxs Forschung beschäftigt sich auf diesem Wege mit
einer zentralen Problematik der Weltraum-Exploration: der Bereitstellung von
Verbrauchsmaterialien zur Verpflegung und Ausstattung der Besatzungen bei
gleichzeitiger Ressorcenknappheit vor Ort.
Im Labor für angewandte Raumfahrt-Mikrobiologie arbeitet er an der Erfassung
der notwendigen Daten, um Kosten- und Ertragsschätzungen für Prozesse in
biologischen Lebenserhaltungssystemen zu erstellen. Ein besonderes Augenmerk
liegt darauf, die optimalen atmosphärischen Bedingungen für das Wachstum von
Cyanobakterien zu bestimmen.
Mit dem LASM erweitert das ZARM sein Forschungsfeld der Exploration. Es ist
eine ideale Ergänzung zu dem von der Klaus Tschira Stiftung geförderten
Forschungsprojekt "MaMBA – Moon and Mars Base Analog", bei dem ein Habitat
entwickelt und konstruiert wird, das ein autarkes Leben und Arbeiten außerhalb
der Erde möglich machen soll. Eine erste Zusammenarbeit zwischen beiden Projekte
erfolgte bereits im Verlaufe dieses Jahres: Verseux gehörte zu einem
Wissenschaftsteam, das die Demo-Version eines MaMBA-Moduls während einer
Simulationswoche auf Herz und Nieren testen konnte.
Weitere Explorationsthemen im ZARM sind Feuersicherheit für astronautische
Missionen sowie die Möglichkeit der Treibstoffbetankung im Mondorbit. Auch über
das ZARM hinaus gewinnt das Thema astronautische Exploration in Bremen immer
mehr an Bedeutung. Im Institut für Raumfahrtsysteme des Deutschen Zentrums für
Luft- und Raumfahrt beschäftigen sich Forschungsteams seit einiger Zeit mit
Pflanzenwachstum außerhalb der Erde mit einem besonderen Fokus auf den Anbau von
Nahrungsmitteln. Am Bremer Standort des Deutschen Forschungszentrums für
Künstliche Intelligenz (DFKI) spielt explorationsrelevante Robotik eine große
Rolle. Ein Beispiel ist die Unterstützung von Astronauten durch autonome Roboter
bei der Erkundung planetarer Oberflächen auf Mond und Mars.
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