Die Trümmer des Asteroiden Vesta
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der ETH Zürich astronews.com
13. Juni 2019
Meteoriten, die man auf der Erde findet, sind eine der
wenigen Möglichkeiten, ohne großen Aufwand an Material von anderen Objekten des
Sonnensystems zu gelangen. Doch woher stammen die Brocken aus dem All? Manche
lassen sich zu einzelnen Asteroiden zurückverfolgen. Vesta hatte man
als Ursprungsort schon länger in Verdacht. Neue Untersuchungen an Mesosideriten bestätigen nun
diese Vermutung.
Spektakuläre Kollision: Ein Asteroid dürfte
vor über 4,5 Milliarden Jahre den Großasteroiden
Vesta gestreift haben.
Bild: Makiko Haba [Großansicht] |
Als unsere Sonne ein noch junger Stern war, bildete sich um sie herum eine
kreisende Scheibe aus Gas und Staub. Mit der Zeit klumpte Staub zusammen. Es
bildeten sich Brocken, die mit anderen kollidierten, sich dabei deren Masse
einverleibten und weiterwuchsen. Aus solchen Brocken entstanden die heutigen
Gesteinsplaneten Merkur, Venus, Erde und Mars, aber auch hunderttausende von
Asteroiden, die zwischen Mars und Jupiter den Asteroiden-Hauptgürtel bilden.
Zu den größten bekannten Asteroiden des Hauptgürtels zählen der Zwergplanet
Ceres und der Asteroid Vesta. Durch Kollisionen zwischen Asteroiden wurden immer
auch Trümmer ins All geschleudert, die als Meteoriten auf die Erde niedergingen.
Diese Steine bieten einen einmaligen Einblick in die Frühzeit unseres
Sonnensystems und erlauben es Wissenschaftlern, verschiedene Typen von
Asteroiden zu bestimmen.
Besonders interessant für die Forschung sind sogenannte Mesosideriten. Diese
Meteoriten sind aus Silikatgestein-Bruchstücken und Metall, in der Regel Eisen
und etwas Nickel, zusammengesetzt. Die beiden Komponenten weisen ein
ungeordnetes Gefüge auf. Wissenschaftler gehen deshalb davon aus, dass sie von
einem "differenzierten Asteroiden" stammen müssen, also einem solchen
Himmelskörper, der einst über eine Kruste, einen Mantel und einen flüssigen Kern
verfügte. Die Bruchstücke gehörten demnach zur Kruste, das Metall stammt aus dem
Kern.
Dass sich die beiden Komponenten mischen und zu einem kompakten Gestein
formieren konnten, deutet auf einen Zusammenprall des Asteroiden mit einem
anderen hin. Die Wissenschaft rätselt allerdings nach wie vor, wie und wann
Mesosideriten entstanden. Auch war es bislang kaum möglich, solche Meteoriten
einem bestimmten Asteroiden zuzuordnen.
Forscherinnen und Forscher aus der Gruppe von Maria Schönbächler, Professorin
am Institut für Geochemie und Petrologie der ETH Zürich, bestimmten das Alter
von fünf Mesosideriten anhand von hochpräzisen Messungen des Blei- und
Urangehalts von Zirkonen aus solchen Meteoriten. Zirkone bilden sich in
Magmakammern. Sie sind äußerst robust und eignen sich deshalb für die Datierung
von Gesteinen, in denen sie eingebettet sind. Die Datierung und Bestimmung der
chemischen Zusammensetzung der Mesosideriten erlaubte es Schönbächlers
Mitarbeitenden Makiko Haba und Jörn-Frederik Wotzlaw schließlich auch, die
Steine aus dem All einem Asteroiden zuzuweisen, und zwar wie vermutet dem
Großasteroiden Vesta.
Die ETH-Forschenden datierten zwei Zirkon-Generationen der Mesosideriten auf
rund 4,56 und 4,52 Milliarden Jahre. Die älteren Zirkone stammen von
Silikatgestein, welches sich bildete als die Oberfläche von Vesta allmählich
abkühlte und erstarrte. Die jüngere Generation hingegen zeugt von einem heftigen
Streifschuss durch einen weiteren Asteroiden, der eine große Bresche bis in den
flüssigen Kern schlug. Die Trümmerteile aus verschiedenen Zonen flogen ins All,
lagerten sich aber mehrheitlich aufgrund der Schwerkraft Vestas auf der
entgegengesetzten Stelle des Einschlags wieder ab. Dies führte in Vestas Kruste
zu einer lokalen Verdickung und zur Vermischung der verschiedenen Komponenten.
Wie aber identifizierten die ETH-Forschenden Vesta als Ursprung dieser
Meteoriten? "In der Regel ist es sehr schwierig bis unmöglich, Meteoriten
bestimmten Ursprungsasteroiden zuzuweisen", erklärt Schönbächler. Auf Vesta
gekommen sind die Forschenden nicht nur aufgrund der Datierungen und der
chemischen Zusammensetzung der untersuchten Mesosideriten. Auf diesen Asteroiden
weisen auch Beobachtungsdaten der NASA-Raumsonde Dawn.
Auf ihrer Reise zum Zwergplaneten Ceres umkreiste Dawn auch über ein Jahr
lang Vesta und untersuchte unter anderem dessen Oberfläche. Dies gab Aufschluss
über die dort vorhandenen Gesteine. Auf Fotos von Vestas Südpol sind zudem eine
Verdickung der Kruste und zwei jüngere Einschlagkrater zu erkennen. Dort
schlugen lange nach der Ablagerung des Kollisionsmaterials kleine Asteroiden ein
und schleuderten Teile davon ins All, die höchstwahrscheinlich als Meteoriten
auf der Erde landeten und schließlich in Schönbächlers Labor gründlich
untersucht werden konnten.
Über ihre Ergebnisse berichtet das Team in der
Fachzeitschrift Nature Geoscience.
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