Heiß wie im Inneren der Sonne
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Jena astronews.com
5. Juni 2019
Der größte Teil der Materie im Weltall liegt in Form von
Plasma vor: Es findet sich beispielsweise im Inneren von Sternen. Doch die
Untersuchung von Plasma und damit die Verifizierung auch von astrophysikalischen
Theorien im Labor ist außerordentlich schwierig, da zu dessen Entstehung extreme
Bedingungen herrschen müssen. Nun gelang einem Team in Jena ein wichtiger
Erfolg.
In einem Labor des Instituts für Optik und
Quantenelektronik der Universität Jena bereiten
Dr. Zhanna Samsonova und Dr. Daniil Kartashov ein
Experiment am JETI-Laser vor.
Foto: Jan-Peter Kasper/FSU [Großansicht] |
Die drei klassischen Aggregatzustände fest, flüssig und gasförmig lassen sich
in jeder normalen Küche beobachten, wenn man beispielsweise einen Eiswürfel zum
Kochen bringt. Doch erhitzt man Materie noch weiter, so dass die Atome eines
Stoffes zusammenstoßen und sich dadurch die Elektronen von ihnen abtrennen, dann
erreicht man einen weiteren Zustand: Plasma. Über 99 Prozent der Materie im
Weltall liegt in dieser Form vor, so etwa im Inneren von Sternen.
Kein Wunder also, dass Physiker ein großes Interesse daran haben, solche
Materie zu untersuchen. Doch Plasmen mit hoher Temperatur und Druck wie in den
Sternen auf der Erde zu erzeugen und zu erforschen, ist aus verschiedenen
Gründen alles andere als einfach. Physikerinnen und Physiker der
Friedrich-Schiller-Universität Jena haben nun aber eine neue Methode entwickelt,
mit der sie einige der Probleme während der Plasmaproduktion in den Griff
bekommen können.
"Um Materie so erhitzen zu können, dass sich ein Plasma bildet,
brauchen wir entsprechend hohe Energie. In der Regel nutzen wir dazu Licht in
Form eines großen Lasers", erklärt Christian Spielmann von der Universität Jena.
„"ieser muss aber sehr kurz gepulst sein, damit die Materie nicht sofort
expandiert, wenn sie die entsprechende Temperatur erreicht hat, sondern für
einen kurzen Zeitraum als dichtes Plasma zusammenhält."
Bei diesem Versuchsaufbau trete aber ein Problem auf: "Wenn der Laser auf die
Probe trifft, entsteht zwar ein Plasma. Dieses reagiert aber sofort wie ein
Spiegel und reflektiert einen Großteil der eintreffenden Energie, die somit
nicht in die komplette Materie durchdringt. Je länger die Wellenlänge vom
Laserimpuls ist, desto kritischer wird das Problem", sagt Zhanna Samsonova, die
federführend am Projekt beteiligt war. Um diesen Spiegeleffekt zu vermeiden,
haben das Jenaer Team Proben aus Siliziumdrähten verwendet, deren Durchmesser
mit einigen hundert Nanometern kleiner ist als die Wellenlänge des eintreffenden
Lichts, die etwa vier Mikrometer betrug.
"Wir haben erstmals einen solch langwelligen Laser bei der Plasmaanregung zum
Einsatz gebracht", sagt Spielmann. "Das Licht dringt zwischen den Drähten in die
Probe ein und erhitzt diese von allen Seiten, so dass für wenige Pikosekunden
ein Plasma über ein wesentlich größeres Volumen entsteht, als wenn der Laser
reflektiert worden wäre. Etwa 70 Prozent der Energie gelangt in die Probe." Dank
des kurzen Laserpulses besteht das erhitzte Material zudem ein wenig länger,
bevor es expandiert. Mithilfe von Röntgenstrahlspektroskopie können die
Wissenschaftler schließlich wertvolle Informationen über den Zustand des
Materials sammeln.
"Mit unserer Methode lassen sich in einem Labor neue Höchstwerte in
Temperatur und Dichte erreichen", freut sich Spielmann. Das Plasma sei mit etwa
zehn Millionen Kelvin weitaus heißer als etwa Material an der Oberfläche der
Sonne. Der Jenaer Physiker verweist zudem auf die Kooperationspartner innerhalb
des Projektes: Für die Laserexperimente nutzten die Jenaer Experten eine
entsprechende Einrichtung an der TU Wien, die Proben stammen von der
Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig, Computersimulationen zur
Bestätigung der Erkenntnisse stammen von Kollegen aus Darmstadt und Düsseldorf.
Die Ergebnisse des Jenaer Teams bieten der Plasmaforschung ganz neue
Möglichkeiten: Theorien zum Zustand von Plasma können direkt durch Experimente
und daran anschließende Computersimulationen verifiziert werden. Kosmologische
Vorgänge lassen sich so besser verstehen. Außerdem leisten die Wissenschaftler
wertvolle Vorarbeiten für die Installation von Großgeräten. So entsteht etwa in
Darmstadt derzeit der internationale Teilchenbeschleuniger "Facility for
Antiproton and Ion Research" (FAIR), der etwa 2025 in Betrieb gehen soll. Dank
der Informationen lassen sich Bereiche herausfiltern, auf die ein genauerer
Blick lohnt.
Über ihre Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel der in den
Physical Review X erschienen ist.
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