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XMM-NEWTON
Die Kamine der Milchstraße
Redaktion / Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik
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21. März 2019

Materie und Energie, die aus dem Zentrum einer Galaxie abfließen, gelten als wichtige Akteure bei der Entstehung und Entwicklung von Galaxien und anderen Strukturen. Astronomen haben nun eine ausgedehnte Röntgenkarte des zentralen Bereichs der Milchstraße erstellt und so einen breiten Kanal aus Gas entdeckt, der das Zentrum der Milchstraße mit Strukturen viel weiter außen verbindet.

Galaktisches Zentrum

Dieses Falschfarbenbild zeigt die Röntgenemission aus der zentralen Region (rund 1000 x 1600 Lichtjahre) der Milchstraße. Die Farben sind ein Maß dafür, wie energiereich die Röntgenstrahlung ist. Nördlich und südlich der galaktischen Ebene kann man deutlich kohärente, langgezogene Strukturen erkennen, die sogenannten "Kamine", die eine Verbindung darstellen zwischen der inneren Region um das supermasereiche Schwarze Loch im Zentrum (weiße Region in der Mitte) mit den Fermi-Blasen viel weiter außen. Punktquellen und sehr helle Bereiche wurden aus dem Bild entfernt. Bild: MPE / ESA / XMM-Newton / G. Ponti et al. 2019, Nature  [Großansicht]

Unsere Heimatgalaxie, die Milchstraße, ist eine eher ruhige Galaxie; gigantische Energieausbrüche aus dem galaktischen Zentrum sind selten. Dennoch haben Astronomen in der Nähe des Zentrums, das durch die Radioquelle Sagittarius A* gekennzeichnet ist, bipolare Ausbuchtungen, sog. Flügel oder "Lobes", gefunden, die sowohl in im Radio- als auch Röntgenlicht zu sehen sind. Diese Flügel zeigen Ausflüsse aus dem galaktischen Zentrum bis zu Entfernungen von etwa 50 Lichtjahren an.

Viel weiter entfernt haben Gammastrahlenbeobachtungen die sogenannten "Fermi-Blasen" anhand der Strahlung von relativistisch bewegten Teilchen identifiziert; in der Vergangenheit muss unsere Galaxie also eine Episode erlebt haben, in der große Mengen an Energie freigesetzt wurden.

Ein internationales Team unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik (MPE) hat nun auf Skalen zwischen diesen bereits bekannten Strukturen zwei markante Röntgenstrukturen entdeckt, die die Region des galaktischen Zentrums mit den Fermi-Blasen zu verbinden scheinen. "Vor ein paar Jahren entdeckten wir mithilfe von Röntgenbeobachtungen, dass sich direkt über dem galaktischen Zentrum eine überdichte Region aus heißem Plasma befindet, ein verblüffendes Ergebnis. Deshalb haben wir nun eine signifikant größere Region mit dem europäischen Röntgensatelliten XMM-Newton gescannt,“ erklärt Gabriele Ponti vom MPE. "Mit unseren neuen Beobachtungen konnten wir die Existenz dieses heißen Plasmas nicht nur eindeutig bestätigen sondern auch seine Morphologie vermessen. Wir entdeckten so zwei im Röntgenbereich strahlende Strukturen, die sich nördlich und südlich des galaktischen Zentrums über hunderte von Parsec erstrecken."

Wahrscheinlich bestehen diese "Kamine" aus Gas, das in einem schnellen und kalten Strom senkrecht zur galaktischen Ebene ausgestoßen wird. Dieser Abfluss könnte entweder von Sternen stammen, die durch das massereiche Schwarze Loch im Zentrum unserer Galaxie zerrissen werden, oder von Supernova-Explosionen im zentralen Sternhaufen. Derartige episodische Ereignisse könnten quasi kontinuierlich Energie und Masse aus dem Zentrum blasen, die dann weiter bis zu den Fermi-Blasen transportiert werden.

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"Die Kamine sind etwa zylindrisch geformt und in vertikaler Richtung scharf abgegrenzt; höchstwahrscheinlich werden sie durch einen magnetischen Druck eingedämmt", erklärt Florian Hofmann vom MPE aus. "Die beiden Kamine sind nicht streng symmetrisch, was höchstwahrscheinlich auf das lokale 'galaktische Wetter' zurückzuführen ist, eine Interaktion mit lokalen Wolken des interstellaren Mediums."

"Auf den größten Skalen in der Milchstraße erinnern die Fermi-Blasen an Strukturen, die durch sehr energiereiche Ausflüsse von den supermassereichen Schwarzen Löchern in Galaxienhaufen gebildet werden – das Aussehen der Kamine lässt aber auch die Möglichkeit offen, dass weniger energiereiche Prozesse eine Rolle spielen," fügt Eugene Churazov vom Max-Planck-Institut für Astrophysik hinzu.

Auch wenn dies die umfangreichste Röntgenkarte des zentralen Bereichs der Milchstraße ist, stützen die Röntgendaten nicht direkt die Annahme, dass diese Kamine tatsächlich eine Fortsetzung der inneren Flügel sind. Letztere könnte auch einfach den letzten Energieausbruch darstellen, oder es könnte sich um zwei verschachtelte Abflüsse handeln.

Dennoch werfen diese Kamine und ihre beobachteten Eigenschaften ein neues Licht darauf, wie die Aktivität im Kern der Milchstraße mit makroskopischen Strukturen auf galaktischer Ebene zusammenhängt, und wie sie wahrscheinlich sogar die Entstehung und Entwicklung der Milchstraße selbst beeinflussen. Sie geben damit sogar Aufschluss über die Physik der Abflüsse und ihre Auswirkungen auf Galaxien im Allgemeinen.

Die Ergebnisse hat das Team in einem Fachartikel beschrieben, der in der Zeitschrift Nature erschienen ist.

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Die Kamine der Milchstraße. Diskutieren Sie mit anderen Lesern im astronews.com Forum.
siehe auch
XMM-Newton: Das turbulente Zentrum der Milchstraße - 24. August 2015
VLT: Die Gaswolken im Zentrum der Milchstraße - 25. November 2014
Swift: Aktivität im Zentrum der Milchstraße - 14. Januar 2014
Links im WWW
Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik
XMM Newton
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