Die Gaswolken im Zentrum der Milchstraße
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik astronews.com
25. November 2014
Eine im Jahr 2011 entdeckte riesige Gaswolke, die das
Zentrum der Milchstraße umkreist, könnte zu einem regelrechten Gasstrom gehören.
Astronomen stellten nämlich jetzt fest, dass die Gaswolke eine sehr ähnliche Bahn
um das dortige supermassereiche Schwarze Loch besitzt, wie eine Gaswolke, die
vor etwa einem Jahrzehnt beobachtet worden war.
Im Jahr 2011 spürten Stefan Gillessen und seine Kollegen vom Garchinger
Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik eine Gaswolke auf, die auf
einer nahezu radialen Umlaufbahn in Richtung des Schwarzen Lochs in der Mitte
unserer Milchstraße fiel. Manche Wissenschaftler erwarteten ein großes
Spektakel, falls das Objekt von dem Schwarzen Loch verschlungen und dabei
Strahlung freigesetzt würde. Allerdings blieb es ruhig.
Beobachtungen am Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte (ESO)
vom April 2013 offenbarten dann, dass ein Teil dieser G2 genannten Gaswolke
seine größte Annäherung an das Schwarze Loch mit einer Entfernung von etwa 20
Lichtstunden (etwas mehr als 20 Milliarden Kilometer) zum damaligen Zeitpunkt
bereits hinter sich hatte. Neue Infrarotbeobachtungen mit dem Instrument SINFONI
am Very Large Telescope zeigen jetzt die fortlaufenden Störungen der Gaswolke,
ausgelöst durch Gezeitenkräfte in dem starken Gravitationsfeld des Schwarzen
Lochs.
Während Form und Pfad der Gaswolke gut mit den Vorhersagen aus den Modellen
übereinstimmen, gab es bisher immer noch keine signifikant erhöhte Emission bei
hohen Energien, wie man sie aufgrund der damit verbundenen Stoßfront erwartet
hatte. Ein genauerer Blick auf die Daten führte nun zu einer Überraschung:
"Schon vor zehn Jahren haben wir eine weitere Gaswolke in der Zentralregion
unserer Galaxis beobachtet", erläutert Gillessen. Die Forscher bezeichnen dieses
Objekt als G1. "Wir untersuchten den Zusammenhang zwischen G1 und G2 und fanden
eine erstaunliche Ähnlichkeit der beiden Bahnen."
Die schwache und verschwommene Wolke G1 taucht in den Daten von 2004 bis 2008
auf. Die Max-Planck-Forscher konnten deren Bahn bestimmen und fanden, dass G1
das Perizentrum (den Punkt größter Annäherung an das Schwarze Loch) schon im
Jahr 2001 passiert hatte. Die Ähnlichkeit der Umlaufbahnen legt somit nahe, dass
G1 der Gaswolke G2 etwa 13 Jahre voraus ist.
Die Wissenschaftler speisten diese Informationen in ein Modell für eine
kombinierte Bahn ein, wobei sie zum einen die verschiedenen Perizentrum-Zeiten
berücksichtigten, zum anderen kleine Abweichungen für leicht unterschiedliche
Orbits erlaubten; diese sind der Wechselwirkung des Gases mit dem
Umgebungsmedium geschuldet.
"Unsere Grundidee ist, dass G1 und G2 Klumpen desselben Gasflusses sein
könnten", sagt Oliver Pfuhl vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische
Physik. "In diesem Fall sollten wir in der Lage sein, gleichzeitig beide
Datensätze anzupassen. Und tatsächlich beschreibt unser Modell die G1- und
G2-Orbits bemerkenswert genau." Das Modell geht davon aus, dass G1 während des
Durchgangs durch das Perizentrum abgebremst wurde, und zwar durch die
Widerstandskraft der dünnen Atmosphäre, die das massereiche Schwarze Loch
umgibt. Das Abbremsen brachte G1 auf eine Kreisbahn.
Allein mit dieser sehr einfachen Annahme ergibt sich, dass die leuchtenden
G1- und G2-Wolken offenbar derselben Umlaufbahn folgen. Kleine Abweichungen sind
dabei nicht überraschend, denn das Modell vernachlässigt wohl einige wesentliche
physikalische Prozesse. "Die gute Übereinstimmung mit den Daten macht es höchst
wahrscheinlich, dass G1 und G2 Teil desselben Gasflusses sind", sagt Gillessen
zusammenfassend.
Eine mögliche Quelle für beide Wolken könnten Klumpen im Wind eines der
massereichen Sterne in der galaktischen Scheibe sein, der vor rund 100 Jahren in
der Nähe der G2-Umlaufbahn ausgestoßen wurde. Eine andere Erklärung - ein großer
Stern, der von einer ausgedehnten Gaswolke umgeben ist - erscheint angesichts
der aktuellen Daten weiterhin als unwahrscheinlich.
Dennoch rätseln die Astronomen, weshalb sie bisher keine erhöhte Strahlung –
insbesondere im Röntgenbereich – aus der Nähe des Schwarzen Lochs registriert
haben. Über ihre Beobachtungen berichten die Astronomen in der Fachzeitschrift
The Astrophysical Journal.
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