Aktivität im Zentrum der Milchstraße
von Stefan Deiters astronews.com
14. Januar 2014
Über mehrere Jahre hat der NASA-Satellit Swift immer wieder
das Zentrum unserer Milchstraße anvisiert und dabei auch verschiedene
Aktivitätsausbrüche des zentralen supermassereichen Schwarzen Lochs registrieren
können, obwohl dieses eigentlich weitgehend inaktiv ist. Jetzt warten Astronomen gespannt, was
passieren wird, wenn im Laufe des Jahres eine Gaswolke dem Schwarzen Loch sehr
nahe kommt.
In diesem Bild
von Swift sind die Röntgenbeobachtungen des
Milchstraßenzentrums bis 2013 zusammengefasst.
Bild: NASA / Swift / N. Degenaar (Univ.
of Michigan) [Großansicht] |
Im Zentrum unserer Galaxie befindet sich ein supermassereiches Schwarzes Loch
mit mindestens der viermillionenfachen Masse unserer Sonne. Es ist rund 26.000
Lichtjahre von der Erde entfernt und liegt im Sternbild Schütze. Das Schwarze Loch verrät sich hier als Radioquelle, der
Astronomen den Namen Sagittarius A* gegeben haben.
Supermassereiche Schwarze Löcher finden sich in den Zentren der meisten
Galaxien. Oft sind diese deutlich heller als das Schwarze Loch der Milchstraße.
Hell sind dabei natürlich nicht die Schwarzen Löcher selbst: Für die Helligkeit
sorgt das
Material, das gerade in das Schwarze Loch fällt und sich dabei auf hohe
Temperaturen aufheizt. Wie hell ein Schwarzes Loch erscheint, hängt somit damit
zusammen, wie viel Material es gerade verschlingt, wie "aktiv" es also ist.
"Betracht man seine Größe, dann ist dieses supermassereiche Schwarze
Loch etwa eine Milliarde Mal lichtschwächer als es sein könnte", meint Nathalie Degenaar von der
University of Michigan in Ann Arbor. "Obwohl es jetzt sehr
ruhig ist, war es in der Vergangenheit deutlich aktiver und produziert noch
immer kurze Röntgenblitze."
Um mehr über das Verhalten "unseres" supermassereichen Schwarzen Lochs zu
erfahren, nutzen die Astronomen um Degenaar den NASA-Satelliten Swift
und nehmen mit ihm
regelmäßig das Zentrum der Milchstraße in Augenschein. Swift soll
eigentlich die mysteriösen Gammastrahlenblitze erforschen, besitzt aber auch ein
Röntgenteleskop, das sich für andere Beobachtungen nutzen lässt. Und mit diesem wird seit Februar 2006 alle paar Tage unser
Galaxienzentrum für 17 Minuten anvisiert.
Bis heute wurde Swift auf diese Weise Zeuge von insgesamt sechs hellen
Ausbrüchen im Röntgenbereich, bei denen sich die Helligkeit des Schwarzen Lochs
für wenige Stunden um das 150-fache erhöht. Das Team schätzt auf Grundlage ihrer
Beobachtungen, dass es im Schnitt alle fünf bis zehn Tage zu einem solchen
Ausbruch kommen sollte.
Besonders freuen sich die Astronomen der Swift Galactic Center Campaign
auf die nächsten Monate: Im zweiten Quartal des Jahres dürfte nämlich eine G2
genannte kalte Gaswolke dem Schwarzen Loch sehr nahe kommen und sich dabei so stark
aufheizen, dass sie auch im Röntgenbereich zu sehen sein sollte. Würde sogar
Material der Wolke ins Schwarze Loch fallen, könnte die Aktivität des Schwarzen
Lochs in den kommenden Jahren merklich zunehmen.
"Astronomen auf der ganzen Welt können kaum die ersten Hinweise erwarten,
dass diese Wechselwirkungen beginnen", so Jamie Kennea von der Pennsylvania
State University in University Park. "Dank der Hilfe von Swift, kann unser
Überwachungsprogramm vielleicht diesen Hinweis liefern."
Im April letzten Jahres hatte das Team schon geglaubt, ein entsprechendes
Indiz in den Swift-Daten entdeckt zu haben als sie einen dramatischen
Helligkeitsanstieg von Sagittarius A* im Röntgenbereich registrierten. Es
stellte sich dann aber heraus, dass die Aktivität von einem Neutronenstern in
unmittelbarer Nähe des Schwarzen Lochs stammte.
Doch auch dieser Fund könnte sich als äußerst wertvoll erweisen: Es handelt
sich nämlich um einen Neutronenstern mit einem besonders starken Magnetfeld, einen
sogenannten Magnetar. Durch seine Drehung um die eigene Achse
sendet er regelmäßige Pulse im Radio- und Röntgenbereich aus. Das Objekt könnte
den Astronomen helfen, bestimmte Vorhersagen von Einsteins
Allgemeiner Relativitätstheorie zu überprüfen.
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