Die Sternschweife der Hyaden
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Heidelberg astronews.com
18. Februar 2019
Offene Sternhaufen sind ein beliebtes Ziel für
amateurastronomische Beobachtungen. Einige dieser Ansammlungen von Sternen sind
sogar mit bloßem Auge zu sehen, etwa die Plejaden oder die Hyaden. Offene
Sternhaufen lösen sich allerdings vergleichsweise schnell auf, wodurch
Sternschweife entstehen sollten. Bei den Hyaden wurden solche Schweife nun erstmals
nachgewiesen.
Der offene Sternhaufen der Hyaden.
Bild: NASA, ESA und STScI [Großansicht] |
Im Laufe ihres Lebens verlieren offene Sternhaufen kontinuierlich Sterne an
ihre Umgebung. Dadurch entstehende, langgestreckte "Sternschweife" bieten
Einblicke in Entwicklung und Auflösung eines Sternhaufens. Im Milchstraßensystem
sind diese Schweife bisher nur bei massereichen Kugelsternhaufen und
Zwerggalaxien entdeckt worden. Für offene Sternhaufen wurde dieses Phänomen
lediglich theoretisch vorhergesagt. Forscher der Universität Heidelberg haben
erstmals die Existenz eines solchen "Tidal Tail" nachgewiesen – in dem
Sternhaufen, der der Sonne am nächsten liegt, den Hyaden. Die Entdeckung beruht
auf der Auswertung von Messdaten des Gaia-Satelliten.
Offene Sternhaufen sind Ansammlungen von annähernd 100 bis zu wenigen tausend
Sternen, die nahezu gleichzeitig aus einer kollabierenden Gaswolke entstanden
sind und sich in etwa mit derselben Geschwindigkeit durch den Raum bewegen.
Verschiedene Einflüsse führen allerdings dazu, dass sie sich bereits nach
einigen Hundert Millionen Jahren auflösen: Gegen die Eigengravitation, die die
Sterne aneinander bindet, arbeitet unter anderem die Gezeitenwirkung einer
Galaxie. Dadurch werden Sterne aus dem Haufen herausgezogen.
Während der Bewegung eines Sternhaufens durch die Milchstraße führt dies zur
Ausbildung von "Sternschweifen". Es ist der Beginn vom Ende eines offenen
Sternhaufens. Dieses Phänomen haben Wissenschaftler des Zentrums für Astronomie
der Universität Heidelberg (ZAH) gemeinsam mit Forschern des
Max-Planck-Instituts für Astronomie in Heidelberg nun zum ersten Mal für die
Hyaden nachgewiesen, einem der älteren und am besten untersuchten offenen
Sternhaufen im Milchstraßensystem.
Die Forscher nutzten hierfür die im April 2018 veröffentlichten Daten des
Astrometrie-Satelliten Gaia, der seit fünf Jahren den Sternenhimmel
systematisch erfasst. Gaia liefert dabei keine direkten
Himmelsaufnahmen, sondern misst die Bewegungen und Positionen der Sterne. Aus
diesen Daten konnten die Heidelberger Astronomen zwei "Tidal Tails" der Hyaden
mit insgesamt rund 500 Sternen identifizieren, die sich bis zu 650 Lichtjahre
entfernt vom Cluster erstrecken.
Dabei geht einer der beiden Schweife dem offenen Sternhaufen voraus, der
andere folgt diesem nach, wie Dr. Siegfried Röser von der zum ZAH gehörenden
Landessternwarte Königstuhl erläutert. "Unsere Entdeckung zeigt, dass es möglich
ist, die Bahnen einzelner Sterne der Milchstraße zu ihrem Entstehungsort in
einem Sternhaufen zurückzuverfolgen", so Röser. Der Wissenschaftler geht davon
aus, dass dies nur der Auftakt für weitere bedeutende Forschungsergebnisse in
der galaktischen Astronomie ist.
Neben den Forschern in Heidelberg hat auch ein Team aus Wien die
"Sternschweife" der Hyaden entdeckt. Die Forschungsarbeiten wurden im Rahmen des
von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Sonderforschungsbereichs
"Das Milchstraßensystem" (SFB 881) an der Universität Heidelberg durchgeführt.
Über ihre Untersuchung berichtet das Team jetzt in einem Fachartikel, der in
der Zeitschrift Astronomy & Astrophysics erschienen ist.
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