Die Blasen auf einem Roten Riesen
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astronomie astronews.com
22. Dezember 2017
Mithilfe des Very Large Telescope Interferometer
ist es Astronomen erstmals gelungen, Konvektionszellen auf der Oberfläche eines
Roten Riesensterns direkt zu beobachten und zu untersuchen. Sie konnten dadurch
bestätigen, dass die Vorgänge auf dem Riesenstern den Prozessen gleichen, die
man auch von unserer deutlich kleineren Sonne kennt.
Ansicht des Sterns π1 Gruis. Der kleine Kreis
gibt die kleinste Struktur wieder, die
rekonstruiert werden kann. Diese entspricht etwa
50 Millionen Kilometern.
Bild: ESO [Großansicht] |
Es ist ein allseits bekanntes Phänomen: Wenn die Hitze am Boden des Kochtopfs
groß genug ist, beginnt die Suppe zu brodeln – so werden die
Temperaturunterschiede im Topf ausgeglichen. Ähnliches passiert in Sternen. Auf
der Sonne finden wir Millionen solch brodelnder Regionen, jede ist etwa 2000
Kilometer groß. Bislang ließ sich der Mechanismus der Konvektion aufgrund der
Nähe nur bei unserer Sonne beobachten. Er spielt aber für fast alle Sterne eine
ganz fundamentale Rolle.
Dort war die Astronomie bisher auf Vorhersagen von einfachen Modellen aus den
1970er Jahren und wenige, äußerst aufwändige, Simulationsrechnungen angewiesen.
Nun konnten Wissenschaftler diese sogenannten Konvektionszellen erstmals bei
einem Roten Riesenstern, dem aufgeblähten, kühlen Endstadium unserer Sonne,
beobachten. Ein internationales Astronomenteam unter der Leitung von Claudia
Paladini von der Université Libre de Bruxelles verwendete für diesen
Nachweis der Sternkonvektion die Technik der Interferometrie.
Für die Beobachtungen wurde der Stern π1 Gruis im südlichen Sternbild des
Kranichs ausgewählt. Im Gegensatz zu den meisten Roten Riesensternen wird seine
Oberfläche nicht von Staub verhüllt und er ändert seine Helligkeit nicht sehr
stark. Die Messungen wurden im nahen Infrarotbereich durchgeführt, wo Rote
Riesen besonders hell sind und die Technik der Interferometrie sehr gut
funktioniert.
Dazu wurden die vier kleinen Teleskope des Very Large Telescope
(VLT) der europäischen Südsternwarte ESO so zusammengeschaltet, dass damit 20
Mal feinere Details erkennbar werden als mit einem einzelnen Teleskop. Die
Teleskope sind dazu in Abständen von bis zu 80 Metern voneinander positioniert
und das Licht wird dabei so zusammengeführt, dass sich die Weglängen der
einzelnen Lichtstrahlen über diese Entfernung um nicht mehr als einen
Tausendstel Millimeter unterscheiden.
Durch Messungen bei verschiedenen Positionen der Teleskope und Anwendung
eines komplexen mathematischen Verfahrens rekonstruierten die Forschenden so ein
Bild des Sternes. "Das Verfahren ist zwar sehr aufwändig, aber die einzige
Möglichkeit, die Oberfläche von anderen Sternen zu untersuchen und damit einen
so fundamentalen Mechanismus wie die Konvektion zu verstehen", erklärt Josef
Hron vom Institut für Astrophysik der Universität Wien, der an den Beobachtungen
beteiligt war.
Die gefundene Größe der Konvektionszellen von etwa 100 Millionen Kilometern
passt gut zu den Vorhersagen und belegt somit die Richtigkeit der Modelle für so
verschiedene Sterne wie die Sonne und Rote Riesen. Die neuen Beobachtungen
stehen gewissermaßen am Beginn einer neuen Ära. Im Jahr 2018 wird am
Interferometer des VLT das Instrument MATISSE (Multi-AperTure mid-Infrared
SpectroScopic Experiment) in Betrieb gehen, an dem auch das Wiener Institut für
Astrophysik beteiligt ist. "Mit MATISSE werden wir neben den Konvektionszellen
erstmals auch die Verteilung des Staubes und der Moleküle auf der Oberfläche
Roter Riesen abbilden können. Dies wird wesentliche Fortschritte im Verständnis
dieser kosmischen Staubfabriken erlauben", so Hron, der in Österreich für das
Projekt MATISSE verantwortlich ist.
Über die aktuellen Beobachtungen berichtet das Team in einem Fachartikel, der
in der Zeitschrift Nature erschienen ist.
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