Roter Riese mit langem Schweif
von Stefan Deiters astronews.com
16. August 2007
Der Stern Mira ist für Astronomen kein Unbekannter und hat
es trotzdem geschafft, die Forscher zu überraschen: Mithilfe des NASA
Galaxy Evolution Explorers stellten sie nämlich fest, dass der Rote
Riesenstern einen rund 13 Lichtjahre langen Schweif hat. Es ist der erste
derartige Schweif, der bei einem Stern entdeckt wurde.
Der Stern Mira und ein Teil des entdeckten
Schweifs.
Foto:
NASA / JPL-Caltech [Großansicht] |
Den Stern Mira kennen Astronomen schon viele Hundert Jahre. So erwarteten sie
auch keine großen Überraschungen als sie den Stern im Rahmen einer
Himmelsdurchmusterung im Ultravioletten mit dem Galaxy Evolution
Explorer beobachteten. Doch weit gefehlt: Die Daten des
Weltraumobservatoriums zeigten, dass der Stern über einen gewaltigen Schweif
verfügt. Bei Mira handelt es sich um einen Roten Riesenstern, der sich in
der Endphase seines nuklearen Lebens befindet und dabei große Teile seiner
äußeren Hülle ins All abbläst. Und genau dieses Material bildet nun einen
rund 13 Lichtjahre langen Schweif. Etwas Vergleichbares wurde bislang noch
nie bei einem Stern beobachtet.
"Ich war schockiert als ich zum ersten Mal diesen gewaltigen und vollkommen
unerwarteten Schweif hinter einem sehr bekannten Stern sah", erinnert sich
Christopher Martin vom California Institute of Technology. "Es ist schon
beeindruckend, wie ähnlich der Schweif von Mira dem Kondensstreifen eines
Jets ist oder der Welle eines Motorbootes ist." Martin ist Principal
Investigator des Galaxy Evolution Explorers und Hauptautor
eines in dieser Woche in der Fachzeitschrift Nature erschienenen
Artikels.
Nach Ansicht der Astronomen bietet der jetzt entdeckte Schweif von Mira eine
einmalige Gelegenheit, um mehr über das Ende von Sternen zu erfahren, die
unserer Sonne ähneln. Während sich Mira durch das All bewegt, verteilt der
Stern Kohlenstoff, Sauerstoff und andere wichtige Elemente im All, die für
die Entstehung von neuen Sternen, neuen Planeten und vielleicht einmal von
neuem Leben benötigt werden. Das Schweifmaterial, das man jetzt entdeckt
hat, stammt aus den letzten rund 30.000 Jahren.
"Dies ist ein vollkommen neues Phänomen und wir sind immer noch dabei, die
Physik zu verstehen, die da hintersteckt", meint Mark Seibert von der
Sternwarte der Carnegie Institution of Washington, der auch an den
Beobachtungen beteiligt war. "Wir hoffen, dass wir den Schweif von Mira wie
eine Zeitleiste lesen können, die uns etwas über das Leben des Sterns
verrät."
Vor einigen Milliarden Jahren war Mira ein Stern wie unsere Sonne. Doch dann
entwickelte sich der Stern zu einem pulsierenden Roten Riesen, der
regelmäßig hell genug wird, um ihn mit bloßem Auge zu beobachten. Irgendwann
wird Mira seine gesamte äußere Hülle abgestoßen haben und dann vermutlich
zunächst zum Planetarischen Nebel und dann zu einem Weißen Zwergstern werden.
Im Vergleich zu anderen Roten Riesensternen bewegt sich Mira mit äußerst
hoher Geschwindigkeit durchs All: Der Stern rast - zusammen mit einem
kleinen begleitenden Weißen Zwerg - mit 130 Kilometern pro Sekunde durchs
All. Das System ist 350 Lichtjahre von uns entfernt und liegt im Sternbild
Walfisch.
Zusätzlich zum Schweif entdeckten die Astronomen vor dem Stern noch eine Art
"Bugwelle" aus heißem, komprimiertem Gas sowie zwei Materieströme, die den
Stern vorne und hinten verlassen. Die Wissenschaftler vermuten, dass das
heiße Gas vor dem Stern das Gas erhitzt, das Mira ins All abbläst, wodurch
dieses zum Leuchten im Ultravioletten angeregt wird.
Dass der Schweif nur im Ultravoletten sichtbar ist, erklärt auch warum er
bislang unentdeckt geblieben ist. "Es ist schon faszinierend, so etwas
bedeutendes Neues bei einem Objekt zu entdecken, das schon seit über 400
Jahren studiert wird", so James D. Neill vom California Institute of
Technology. "Genau diese überraschenden Entdeckungen sind mit einer
Durchmusterungsmission wie dem Galaxy Evolution Explorer möglich."
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