Das warme Innere des Saturnmonds
von Stefan Deiters astronews.com
7. November 2017
Die Fontänen, die aus der Südpolarregion des Saturnmonds
Enceladus ins All schießen, gehören zu den spektakulärsten Entdeckungen der
Cassini-Mission. Forscher rätseln allerdings, wie es dem kleinen Mond
gelingen konnte, bis heute eine solche Aktivität zu bewahren. Ein neues Modell
kann dies nun erklären - und nicht nur das.
Der Saturnmond Enceladus ist überraschend
aktiv, was sich etwa durch die Fontänen zeigt,
die aus der Südpolarregion des Mondes kommen und
von der Sonde Cassini entdeckt wurden.
Bild: NASA / JPL / Space Science Institute [Großansicht] |
Den Eismond Enceladus hielt man lange Zeit für relativ langweilig.
Das änderte sich, als die Saturnsonde Cassini im Jahr 2005
Wasserfontänen entdeckte, die aus der Südpolarregion des Mondes ins All
hinausschießen. Die Beobachtungen deuteten darauf hin, dass es unter der
Eisdecke von Enceladus einen globalen Ozean gibt, der inzwischen sogar als
potentieller Ort für außerirdisches Leben gilt (astronews.com
berichtete wiederholt).
Doch etwas konnten die Wissenschaftler bislang nicht beantworten: Wieso
kann sich eigentlich im Inneren des Mondes ein flüssiger Ozean halten und woher
stammt die Energie für dessen beobachtete Aktivität? Der Zerfall radioaktiver
Elemente im Kern von Enceladus kann dazu nur rund ein Hundertstel beitragen und
es fehlt zudem eine Erklärung dafür, warum die Aktivität sich am Südpol
konzentriert.
Auch ein Durchwalken des Mondes durch die Gezeitenkräfte des Saturn während
eines Umlaufs hatte man in Betracht gezogen, allerdings würde sich dadurch der
Wärmeverlust nicht kompensieren lassen, und der Ozean im Inneren sollte innerhalb
von nur 30 Millionen Jahren gefroren sein. Von einer Aktivität dürfte also
eigentlich nichts mehr zu beobachten sein.
"Woher Enceladus die Energie für seine anhaltende Aktivität bezieht war immer
etwas rätselhaft", so Gaël Choblet von der Universität im französischen Nantes.
"Wir haben nun detailliert untersucht, wie Struktur und Zusammensetzung des
Mondes die entscheidende Rolle bei der notwendigen Energieerzeugung spielen
könnten."
In den neuen Modellen der Forscher verfügt der Mond nicht über einen festen
Kern, sondern über einen Kern aus lockerem, porösen und leicht verformbaren
Material, in das Wasser problemlos eindringen kann. Flüssiges kaltes Wasser kann so
tief ins Innere des Kerns gelangen und hier aufgewärmt werden - nämlich durch
Gesteinsmaterial, was sich durch die Gezeitenreibung verschiebt.
Das aufgeheizte Wasser steigt dann wieder nach oben, wodurch Wärme an den
Boden des Ozeans transportiert wird. Hier entstehen sogenannte Hotspots, also
Quellen von heißem Wasser, die auch das darüber liegende Eis zum Schmelzen
bringen und Partikel vom Boden des Ozeans Richtung Oberfläche transportieren.
Das meiste heiße Wasser in den Modellen sollte rund um die Pole frei werden, was
hier zu einer dünneren Eisdecke führen würde - genau wie es Daten von
Cassini gezeigt haben.
"Unsere Simulationen können gleichzeitig das Vorhandensein eines globalen
Ozeans durch Wärmetransport zwischen dem Inneren und der Eisschicht und die
Konzentration der Aktivität auf einen relativ kleinen Bereich rund um den Südpol
erklären und damit die wesentlichen Beobachtungen von Cassini", so
Gabriel Tobie von der Universität in Nantes.
Künftige Missionen, die in der Lage sind, die organischen Stoffe in den
Fontänen von Enceladus genauer zu analysieren, könnten auch Hinweise darauf
liefern, ob durch die anhaltende geothermische Aktivität auf Enceladus
Bedingungen herrschen, die Leben ermöglichen würden.
Aktuell geht man davon aus, dass sich unter der 20 bis 25 Kilometer dicken
Eisschicht des 500 Kilometer durchmessenden Saturnmondes ein salziger Ozean
befindet. Die Eisdecke über dem Südpol ist allerdings nur einen bis fünf
Kilometer dick. Die von Cassini bestimmte Zusammensetzung der Fontänen
deutet darauf hin, dass es bei ihrer Entstehung zu Wechselwirkungen von
mindestens 90 Grad heißem Wasser mit Gestein gekommen sein muss.
Über ihre Ergebnisse berichten die Forscher in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Nature Astronomy erschienen ist.
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