Wasservorkommen auf der gesamten Oberfläche
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der TU Dortmund astronews.com
11. September 2017
Vor einigen Jahren ergab die Auswertung der Daten von
Mondsonden, dass es in manchen Bereichen des Mondes Wasser geben könnte -
allerdings jeweils nur in äußerst geringen Mengen. Nun haben Wissenschaftler die
alten Daten mit einem neuen Verfahren ausgewertet. Winzige Wasservorkommen könnte es
danach überall auf dem Mond geben.
Die Verteilung von Wasser bzw. Hydroxyl auf
der westlichen Hälfte des Mondes am Morgen: Blaue
Farbtöne bedeuten hohe und gelb-rötliche Farbtöne
geringe Konzentrationen.
Bild: TU Dortmund [Großansicht] |
Bis vor wenigen Jahren ging die wissenschaftliche Community davon aus, dass
die Mondoberfläche trocken ist. 2009 gelang der Durchbruch: Die Analyse von
Infrarotmessungen belegte erstmals das Vorkommen von Wasser auf der Oberfläche
des Erdtrabanten. Jetzt konnten Prof. Christian Wöhler und Dr. Arne Grumpe von
der TU Dortmund gemeinsam mit Forschern aus Russland zeigen, dass auf der
Mondoberfläche sogar deutlich mehr Wasser vorhanden ist, als man bislang
nachweisen konnte.
Wöhler ist Physiker und seit 2010 Professor für Bildsignalverarbeitung an der
Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik. Gemeinsam mit Grumpe und
zwei russischen Kollegen hat er Infrarotmessungen analysiert, die ein
Spektrometer an Bord der indischen Raumsonde Chandrayaan-1 im Jahr 2009
aufgenommen hatte. Dazu haben die Forscher eine neue Methode entwickelt, die
eine genauere Analyse ermöglicht.
"Die Analyse von Infrarot-Spektraldaten ist äußerst komplex", sagt Wöhler.
"So müssen zum Beispiel verschiedene Einflüsse wie die Wärmestrahlung korrigiert
werden. Darauf haben wir in diesem Fall besonders genau geachtet." So konnte das
Team zeigen, dass Wasserstoff-Sauerstoff-Verbindungen in der obersten Schicht
der gesamten Mondoberfläche eingelagert sind und nicht – wie bisher angenommen –
ausschließlich in der Nähe der Pole des Mondes. Darüber hinaus zeigt ihre
Analyse, dass sich die Verteilung des Wassers im Verlauf des "Mondtages"
verändert.
Um zu verstehen, wie den Forschern dieser Nachweis gelingen konnte, stellt
sich zunächst die Frage, woher das Wasser auf dem Mond kommt: Hierfür soll der
Sonnenwind verantwortlich sein. Er enthält Protonen, also Wasserstoffkerne, die
mit dem Sauerstoff im Gestein der Mondoberfläche reagieren. Wie genau diese
Wasserstoff-Sauerstoff-Verbindungen aussehen, können die Forscher noch gar nicht
sagen. Sie vermuten daher, dass es sich um Wasser oder Hydroxyl handelt.
Da die chemische Bindung mit dem Oberflächenmaterial nicht stark ist, löst
sie sich im Laufe des Mondtages durch Prozesse wie Verdampfung schnell wieder.
Für die Analyse der Infrarotmessungen nutzte das Team das Wissen, dass
Wasserstoff-Sauerstoff-Verbindungen wie Wasser und Hydroxyl Licht bei einer
Wellenlänge von drei Mikrometern absorbieren. Dieses Phänomen zeigte ihnen, dass
das Wasser beinahe überall in der Oberfläche gebunden ist.
Ihre Ergebnisse machen außerdem deutlich, dass sich die Verteilung des
Wassers im Laufe des Mondtages ändert: So zeigen die Hochland-Regionen in den
nördlichen und südlichen Breiten am Morgen und Abend eine stärkere Absorption –
und damit ein höheres Wasservorkommen – als am Mittag. Die Mare-Regionen des
Mondes, also die mit bloßem Auge sichtbaren dunklen Flecken, zeigen zu allen
Tageszeiten eine schwächere Absorption.
Die Forschungsergebnisse von Prof. Wöhler und seinem Team machen außerdem
deutlich, dass die Entstehung von Wasser oder Hydroxyl auf der Mondoberfläche
noch genauer untersucht werden muss. Die Forscher gehen davon aus, dass in den
Hochland-Regionen chemisch stärker gebundene Wasser- bzw. Hydroxyl-Komponenten
vorhanden sein müssen, die sich nicht auflösen, sondern den ganzen Tag lang
bestehen bleiben. Diese können nicht durch die Absorption von Protonen des
Sonnenwinds erklärt werden.
Dieser Fragestellung wollen sich die Forscher im weiteren Verlauf ihrer
Kooperation widmen, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und der
Russian Federation of Basic Research (RFBR) gefördert wird.
Über ihre Ergebnisse berichten die Wissenschaftler in einem Fachartikel, der
in der Zeitschrift Science Advances erschienen ist.
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