Fermi registrierte Strahlungsausbruch
von Stefan Deiters astronews.com
19. April 2016
Im September des vergangenen Jahres gelang mit den beiden
LIGO-Detektoren der erste direkte Nachweis von Gravitationswellen. Praktisch zur
gleichen Zeit registrierte der Satellit Fermi einen kurzen
Strahlungsausbruch aus der vermuteten Ursprungsregion der Gravitationswellen.
Ist das nun Zufall oder gibt es vielleicht eine Verbindung zwischen den
Beobachtungen?

Fermi registrierte einen kurzen
Strahlungsausbruch aus dem Bereich (gelb), in dem
die beiden Schwarzen Löcher vermutet werden, bei
deren Verschmelzung die im September beobachteten
Gravitationswellen entstanden.
Bild: NASA Goddard Space Flight
Center [Großansicht] |
Die im Februar verbreitete Nachricht über die erste direkte Beobachtung von
Gravitationswellen mithilfe der beiden LIGO-Detektoren in den USA dürfte die
Wissenschaftsmeldung des Jahres, wenn nicht gar des Jahrzehnts sein. Erstmals
war es Wissenschaftlern gelungen, jene von Albert Einstein vorhergesagten
Wellen direkt nachzuweisen.
Die im Februar verkündete Beobachtung fand bereits im September 2015 statt: Mit nur kurzer zeitlicher
Verzögerung wurde ein identisches Signal an den beiden Detektoren des gerade
modernisierten LIGO-Observatoriums beobachtet (astronews.com berichtete), das fast exakt dem Signal
entsprach, das man für die Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher vorausberechnet
hatte.
Jetzt gab das Team des NASA-Weltraumteleskops Fermi bekannt, dass
dessen Gamma-ray Burst Monitor weniger als eine halbe Sekunde später einen
kurzen und relativ schwachen Ausbruch im hochenergetischen Röntgenbereich
registriert hat, der aus genau der Himmelsregion stammte, in der man auch die
beiden verschmolzenen Schwarzen Löcher vermutet. Eine Analyse des Signals ergab,
so die beteiligten Wissenschaftler, eine nur 0,2-prozentige Wahrscheinlichkeit,
dass es sich dabei lediglich um zwei voneinander unabhängige Ereignisse, also um
einen großen Zufall handelt.
Interessant ist die Beobachtung auch, weil die Astronomen eigentlich nicht mit
einem solchen Signal von der Verschmelzung gerechnet hatten. "Das ist schon eine
faszinierende Entdeckung mit einer geringen Wahrscheinlichkeit eines
falschen Alarms", urteilt Valerie Connaughton vom National Space, Science and
Technology Center in Huntsville im US-Bundesstaat Alabama, die zum Team des
Gamma-ray Burst Monitor gehört. "Bevor wir aber anfangen können, die
Lehrbücher umzuschreiben, müssen wir noch weitere Gammastrahlenblitze
beobachten, die mit Gravitationswellen von der Verschmelzung Schwarzer Löcher in
Verbindung stehen."
Eine Beobachtung von elektromagnetischen Wellen in
Zusammengang mit einer Quelle von
Gravitationswellen könnte den Wissenschaftlern ein besseres
Verständnis der genauen Vorgänge bei solchen dramatischen Ereignissen, wie etwa der
Verschmelzung von zwei Schwarzen Löchern, liefern.
Mit seinem Gamma-ray Burst Monitor kann das Gammastrahlen-Weltraumteleskop Fermi aus seinem
Orbit den gesamten Himmel überwachen, der nicht gerade durch die Erde verdeckt
ist. Fermi soll so eigentlich Gammastrahlenblitze, sogenannte Gamma-ray
Bursts, aufspüren. Auch sie dürften, zumindest teilweise, durch die Kollision
und Verschmelzung von Neutronensternen oder Schwarzen Löchern entstehen.
Das Gravitationswellenereignis von September soll, so die Theorie der
Wissenschaftler, durch zwei vergleichsweise massereiche Schwarze Löcher
ausgelöst worden sein, die miteinander verschmolzen sind. Dabei, so die
bisherige Meinung, dürften eigentlich keine Röntgen- oder Gammastrahlen ausgesandt werden, da für deren
Entstehung Gas benötigt wird, was in solchen Systemen längst nicht mehr
vorhanden sein sollte.
Daher halten es manche Astronomen auch für unwahrscheinlich, dass das mit Fermi
beobachtete Signal etwas mit dem Gravitationswellenereignis zu tun hat. Andere
entwickelten hingegen Szenarien, in denen solche Verschmelzungen eben doch zu einem
kurzen beobachtbaren Aufblitzen führen könnten. Welche Ansicht nun
korrekt ist, wird sich erst entscheiden lassen, wenn weitere Ereignisse dieser
Art beobachtet worden sind.
Über ihre Beobachtungen mit Fermi berichten die Astronomen in einem Fachartikel,
der bei der Zeitschrift The Astrophysical Journal zur Veröffentlichung
eingereicht wurde.
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