Erfolglose Suche nach sichtbarem Signal
von Stefan Deiters astronews.com
24. Februar 2016
Die erste Entdeckung von Gravitationswellen dürfte die
Wissenschaftsmeldung des Jahres sein. Unmittelbar nachdem man das Signal im
September entdeckt hatte, begannen Astronomen mit dem Blanco-Teleskop in Chile
mit einer umfassenden Suche nach einem optischen Signal des Ereignisses, das für
die Aussendung der Gravitationswellen verantwortlich war.

Mit dem Blanco-Teleskop in Chile versuchten
Astronomen ein optisches Signal des Ereignisse zu
entdecken, das für die im September beobachteten
Gravitationswellen verantwortlich war.
Foto: Fermilab
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Es war die Nachricht, auf die Wissenschaftler auf der ganzen Welt seit Jahren
gewartet hatten: Mithilfe der beiden LIGO-Detektoren in den USA waren erstmals
Gravitationswellen entdeckt worden, also jene von Albert Einstein vorhergesagten
Wellen, an deren Existenz man zwar fest glaubte, die bislang aber nicht wirklich
nachzuweisen gewesen waren - zumindest nicht direkt.
Im September 2015 sollten die jahrelangen Bemühungen von Wissenschaftlerteams
auf der ganzen Welt endlich belohnt werden: Mit nur kurzer zeitlicher
Verzögerung wurde ein identisches Signal an den beiden Detektoren des gerade
modernisierten LIGO-Observatoriums beobachtet (astronews.com berichtete), das fast exakt dem Signal
entsprach, das man für die Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher vorausberechnet
hatte. Die Bekanntgabe dieser Entdeckung vor rund zwei Wochen dürfte die
Wissenschaftsmeldung des Jahres, wenn nicht sogar des Jahrzehnts sein und die
beteiligten Forscher zu heißen Anwärtern für einen der nächsten
Physik-Nobelpreise machen.
Die Ereignisse, die für die Aussendung von Gravitationswellen der beobachteten
Stärke verantwortlich
sind, gehören mit zu den energiereichsten Phänomenen, die sich überhaupt im
Universum beobachten lassen: die Kollision und Verschmelzung von
Neutronensternen oder von Schwarzen Löchern. Diese Ereignisse aber sollten auch
im sichtbaren Bereich des Lichts zu sehen sein, so dass sich bereits kurz nach
dem ersten Hinweis auf die Gravitationswellen ein Team von Astronomen auf die
Suche nach einem optischen Signal machte, das zu den beobachteten
Gravitationswellen passte.
"Unser Team hat mit Spannung auf die erste Entdeckung von Gravitationswellen
gewartet, damit wir die Dark Energy Camera schnell auf die entsprechende
Region richten können, um zu sehen, ob von dem Ereignis auch etwas im sichtbaren
Bereich des Lichts zu sehen ist", erläutert Edo Berger vom Harvard-Smithsonian
Center for Astrophysics, der das Team leitete. Die Astronomen nutzten das
4-Meter-Blanco-Teleskop, das Teil des Cerro Tololo Inter-American Observatory in
Chile ist.
Dem Team um Berger gelang es innerhalb nur eines Tages nach dem ersten Hinweis
auf eine mögliche Gravitationswellenentdeckung im September mit der Suche nach einem Signal im
sichtbaren Bereich des Lichts zu beginnen. "Die Planung und Durchführung dieser
Beobachtungen hatte sofort höchste Priorität" erinnert sich Marcelle
Soares-Santos vom Fermilab, ein Mitglied des Teams. "Es war schon sehr hektisch,
aber auch sehr aufregend, Nachbeobachtungen zu einem so wichtigen
wissenschaftlichen Ereignis zu machen."
Leicht war dies allerdings nicht: Die
Messungen der LIGO-Detektoren lieferten nur sehr ungenaue Hinweise darauf, wo
sich die Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher am Himmel abgespielt hatte: Die
Astronomen mussten einen Bereich von etwa 700 Quadratgrad absuchen - das
entspricht etwa der 2.800-fachen Größe des Vollmonds am Himmel.
Über drei Wochen suchte das Team die infrage kommende Region mehrfach ab und
fahndete dabei nach auffälligen Ausbrüchen im sichtbaren Bereich des Lichts - sie
entdeckten allerdings nichts. Auch diese Nicht-Entdeckung, so das Team, lieferte
ihnen aber wichtige Hinweise für ihr Vorgehen, sobald das nächste
Gravitationswellen-Signal detektiert wird. "Dieser erste Versuch, etwas im sichtbaren Bereich des Lichts zu
entdecken, was mit der Aussendung von Gravitationswellen zu tun hat, war eine
große Herausforderung", so Berger. "Er bereitet den Weg für ein ganz neues
Feld der Astrophysik."
Das Team hofft nun auf die nächste Entdeckung eines Signals von Gravitationswellen. Über ihre
erste, diesmal erfolglose Suche berichten die Astronomen in einem Fachartikel, der
in der Zeitschrift The Astrophysical Journal Letters erscheinen wird.
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