Das Nachglühen, das wohl keines war
von Stefan Deiters astronews.com
5. April 2016
Ende Februar war die Freude groß: Erstmals glaubten
Astronomen das Nachglühen eines schnellen Radiostrahlungsausbruchs aufgespürt zu
haben. Für die Erforschung dieses bislang noch unverstandenen Phänomens wäre
dies ein wichtiger Durchbruch. Doch schon bald kamen Zweifel auf, die neue
Beobachtungen nun bestätigten: Das Nachglühen war offenbar das Flackern eines
Schwarzen Lochs.
Mit dem Jansky Very Large Array wurde das
vermeintliche Nachglühen eines schnellen
Radiostrahlungsausbruchs untersucht.
Foto: NRAO [Großansicht] |
Schnelle Radiostrahlungsausbrüche, im Englischen Fast Radio Bursts oder kurz
FRBs genannt, sind den Astronomen noch immer ein Rätsel: Die hellen Radioblitze
dauern nur wenige Millisekunden und ihr Ursprung liegt bislang im Dunkeln. Die
meisten bekannten FRBs wurden in Archivmaterial entdeckt, so dass direkte
Nachfolgebeobachtungen gar nicht möglich waren.
2015 konnte man jedoch einen dieser FRBs in Echtzeit verfolgen - es war erst
der zweiten Blitz, bei dem dies gelungen ist. Die Beobachtungen ergaben, so
berichteten die beteiligten Astronomen Ende Februar in der
Wissenschaftszeitschrift Nature, dass der Blitz aus einer sechs Milliarden
Lichtjahre entfernten Galaxie stammt. Sie konnten in diesem System nämlich das
Nachglühen des Blitzes identifizieren (astronews.com berichtete).
Doch schon kurz nach der Veröffentlichung gab es erste Zweifel an den
Ergebnissen. Peter Williams und Edo Berger haben nun mithilfe des Jansky Very
Large Array die vermutete Ursprungsgalaxie des Blitzes anvisiert. Das Very Large
Array ist ein Netzwerk von Radioteleskopen im US-Bundesstaat New Mexiko und
ermöglicht hochaufgelöste Beobachtungen im Radiobereich.
Hätte es sich bei dem Radiosignal von der fernen Galaxie, das die Astronomen
zuvor als Nachglühen interpretiert hatten, tatsächlich um ein solches gehandelt,
hätte bei den neuen Beobachtungen kein vergleichbares Signal mehr zu beobachten
sein dürfen. Williams und Berger konnten jedoch ein kontinuierliches
Radiosignal von der Galaxie nachweisen, das in der Stärke um einen Faktor drei
schwankte. Dadurch erreichte es manchmal sogar die Stärke des vermeintlichen
Nachglühens.
"Was das andere Team gesehen hat, war nichts Ungewöhnliches", so Berger. "Die
Radioemission von dieser Quelle wird stärker und schwächer, aber sie
verschwindet nie ganz. Das bedeutet, dass sie nicht mit dem Fast Radio Burst in
Verbindung stehen kann."
Die Astronomen vermuten, dass ein aktives
supermassereiches Schwarzes Loch für die Strahlung verantwortlich ist. Die von
der Erde aus zu beobachtenden Schwankungen könnten dabei auf einen Szintillation
genannten Prozess zurückzuführen sein. Es könnte sich aber auch um wirkliche
Schwankungen der Strahlung aus der Umgebung des aktiven Schwarzen Lochs handeln.
Für die Suche nach dem Ursprung der Fast Radio Bursts sind die neuen
Ergebnisse
natürlich zunächst ein Rückschlag. Trotzdem glauben Williams und Berger, dass es
bald zu einer Lösung des Rätsels kommen wird: "Bei der Erforschung der
Radioblitze sind wir heute ungefähr dort, wo wir bei Gammastrahlenblitzen vor 30
Jahren waren", so Williams. "Wir sahen sie damals auftauchen und wieder
verschwinden, wussten aber nicht, was sie waren oder was sie verursacht."
Inzwischen hat man deutliche Hinweise auf die Quellen von kurzen und langen
Gammastrahlenblitzen. "Mit mehr Daten und mehr Glück, glaube ich, dass wir das
Rätsel um die schnellen Radiostrahlungsausbrüche auch lösen werden", ist
Williams überzeugt. Über ihre Beobachtungen berichten die Astronomen in einem
Fachartikel, der in der Zeitschrift Astrophysical Journal Letters
erscheinen wird.
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