Mehrfacher Ausbruch von einer Quelle
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie astronews.com
3. März 2016
Was genau steckt hinter den mysteriösen kurzzeitigen
Ausbrüchen im Radiobereich? Erst in der letzten Woche berichteten Astronomen
über Hinweise dafür, dass es sich um einmalige Ereignisse
handelt, bei denen die Quelle des Ausbruchs zerstört wird. Jetzt entdeckten sie
erstmals einen sich wiederholenden Burst. Gibt es also mindestens zwei Arten
dieser Ausbrüche?
Das 305-Meter-Arecibo-Radioteleskop und seine
Instrumentenplattform in 140 Metern Höhe über dem
Spiegel, fotografiert in einer sternklaren Nacht.
Aus großer Entfernung im Universum bewegt sich
eine Sequenz von Radioblitzen von jeweils nur
wenigen Millisekunden Dauer in Richtung des
Teleskopspiegels, wird dort reflektiert und vom
Empfänger aufgenommen (Montage).
Bild:
Danielle Futselaar [Großansicht] |
Ein internationales Forscherteam unter Beteiligung von Astronomen aus dem Bonner
Max-Planck-Institut für Radioastronomie hat die erste Quelle von wiederholten
Radiostrahlungsausbrüchen außerhalb der Milchstraße entdeckt. Diese
Kurzzeit-Strahlungsausbrüche im Radiobereich dauern jeweils nur einige
Millisekunden und ihr rätselhaftes Verhalten beschäftigt die Forscher bereits
seit der Erstentdeckung vor fast zehn Jahren. Die aktuellen Resultate lassen
darauf schließen, dass die beobachteten Ausbrüche von einem extrem
leuchtkräftiges Objekt stammen, das gelegentlich auch Mehrfachausbrüche
innerhalb eines Zeitraums von weniger als einer Minute produziert.
"Wir haben niemals zuvor gesehen, dass sich ein Radiostrahlungsausbruch in
der gleichen Quelle wiederholt hat", beschreibt Laura Spitler vom
Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) in Bonn die Bedeutung der
Entdeckung. "Um sicherzugehen, haben wir eine bereits vorher entdeckte
Radioburst-Quelle über Monate hinweg systematisch überwacht." Die Beobachtungen
der Kurzzeit-Radiostrahlungsausbrüche ("Fast Radio Bursts" oder FRBs) wurden mit
dem Arecibo-Radioteleskop in Puerto Rico durchgeführt, dem zur Zeit
weltweit größten Einzelteleskop mit einem Spiegeldurchmesser von 305 Metern.
Bis jetzt gehen die meisten Theorien zum Ursprung dieser rätselhaften
Strahlungsausbrüche davon aus, dass es sich dabei um verheerende Ereignisse
handelt, bei denen die Quelle selbst zerstört wird. Das könnte zum Beispiel eine
Supernova-Explosion sein, oder auch der Kollaps eines Neutronensterns in ein
Schwarzes Loch.
Das hat sich seit November 2015 grundliegend verändert, als nämlich Paul Scholz,
ein Doktorand an der kanadischen McGill University, die Ergebnisse
einer systematischen Überwachung durchging und dabei auf zehn weitere
Strahlungsausbrüche stieß. "Die wiederholt auftretenden Signale waren eine
Überraschung – und sehr aufregend!", so Scholz. "Mir war sofort klar, dass diese
Entdeckung für die weitere Untersuchung der Strahlungsausbrüche extrem wichtig
sein würde."
Die Beobachtung lässt darauf schließen, dass die Ausbrüche auf ein sehr
exotisches Objekt zurückzuführen sind, wie zum Beispiel einen schnell
rotierenden Neutronenstern mit bisher nicht gekannter Energie, die die
Aussendung von extrem intensiven Strahlungspulsen ermöglicht. Es ist durchaus
möglich, dass dieses Ergebnis die erstmalige Entdeckung einer neuen Unterklasse
in der Population kosmischer Kurzzeit-Radiostrahlungsausbrüche darstellt.
"Es ist nicht nur so, dass die Strahlungsausbrüche sich bei dieser Quelle
wiederholen, auch Helligkeit und Spektralverhalten unterscheiden sich deutlich
von anderen FRBs", stellt Laura Spitler fest. Ein zusätzliches Argument für die
Existenz von mehreren Klassen von FRBs kommt von einer Untersuchung, die in
Kürze in der Fachzeitschrift Monthly Notices of the Royal Astronomical
Society veröffentlicht wird.
Sie berichtet über die erstmalige Entdeckung
von Strahlungsausbrüchen mit zwei direkt aufeinanderfolgenden Maxima, die mit
dem australischen Parkes-Radioteleskop entdeckt wurden. "Die Aussendung
von zwei Pulsen hintereinander mit nur wenigen Millisekunden Abstand können wir
am ehesten mit Strahlungsausbrüchen auf der Oberfläche eines Neutronensterns
erklären", so David Champion vom MPIfR.
Interessanterweise steht die wahrscheinlichste Erklärung des neuen Arecibo-Ergebnisses
– dass nämlich der wiederholte Strahlungsausbruch von selben Ursprungsobjekt auf
einen jungen Neutronenstern von außerhalb der Milchstraße schließen lässt –
scheinbar im Widerspruch mit dem Ergebnis einer weiteren Untersuchung, die erst
letzte Woche veröffentlicht wurde (astronews.com
berichtete). Darin wird vorgeschlagen, dass sich FRBs auf zerstörerische
Einzelereignisse zurückführen lassen, wie zum Beispiel
Kurzzeit-Gammastrahlungsausbrüche, die die Quelle selbst zerstören und keine
Wiederholung zulassen.
Beide Resultate zusammengenommen liefern ein starkes Argument dafür, dass es
zumindest zwei unterschiedliche Arten von FRBs gibt. In Zukunft hoffen die
Wissenschaftler darauf, durch Beobachtungen in anderen Wellenlängenbereichen
noch mehr über diese Strahlungsausbrüche erfahren zu können. "Wir sind dabei,
unsere Radiobeobachtungen mit den entsprechenden Beobachtungen von optischen und
Röntgenteleskopen zu vergleichen", beschreibt Jason Hessels von der Universität
Amsterdam und dem niederländischen ASTRON. "Es ist eine sehr aufregende Zeit für
die Untersuchung von FRBs. Man kann mit beinahe jeder Quelle etwas Neues
lernen."
Über ihre Beobachtungen des sich wiederholenden FRBs berichteten die Astronomen in dieser Woche in der
Zeitschrift Nature.
|