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GALAXIEN
Das Flackern von aktiven Galaxienkernen
Redaktion / idw / Pressemitteilung der ETH Zürich
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29. Juni 2015

Aktive Galaxienkerne sind die hellsten Objekte im Universum. Es handelt sich dabei um die Zentren von Galaxien, in denen ein supermassereiches Schwarzes Loch gerade große Mengen an Material verschlingt. Offenbar leuchten die Galaxienkerne aber nicht permanent, sondern flackern. Diese Erkenntnis könnte helfen, den Einfluss von Schwarzen Löchern auf ihre Heimatgalaxie besser zu verstehen.

NGC 5548

Die Galaxie NGC 5548 liegt etwa 250 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Bärenhüter und ist als aktive Galaxie klassifiziert. Bild: ESA/Hubble und NASA / Davide de Martin [Großansicht]

Supermassereiche Schwarze Löcher ziehen Gas in ihrer Umgebung mit enormer Kraft an. Dieses Gas stürzt aber nicht sofort in das Schwarze Loch hinein, sondern sammelt sich in einer großen rotierenden Scheibe. Durch die Reibung dort wird es immer heißer und beginnt zu strahlen. So entstehen die hellsten Objekte im Universum: sogenannte aktive Galaxienkerne (AGN, für active galactic nucleus). Sie strahlen oft heller als die hundert Milliarden von Sternen ihrer Galaxie.

Auch im Zentrum unserer Heimatgalaxie, der Milchstraße, befindet sich ein solches Schwarzes Loch, das - so wird zumindest in einigen Studien vermutet - vor wenigen Jahrmillionen als aktiver Galaxienkern geleuchtet haben dürfte. Wissenschaftler der ETH Zürich um Astronomie-Professor Kevin Schawinski konnten nun zeigen, dass diese AGN nicht permanent leuchten, sondern vielmehr einer flimmernden Lampe gleichen. Beobachtungen ergaben nämlich, dass solche aktiven Galaxienkerne sich alle paar hunderttausend Jahre "ein- und ausschalten".

AGN emittieren Licht über das ganze elektromagnetische Spektrum von Röntgenstrahlen bis zu Radiowellen. So erfassen Teleskope einerseits Röntgenstrahlung, die aus der unmittelbaren Umgebung des AGN stammt. Andererseits registrieren Teleskope auch sichtbares Licht, allerdings erst mit einer gewissen Verzögerung: Es ist wie mit einer Gaslampe, die nicht sofort leuchtet, wenn man den Schalter umlegt. Das sichtbare Licht stammt nämlich nicht direkt aus dem aktiven Galaxienkern, sondern vom Gas, das den Raum zwischen den Sternen in der Galaxie ausfüllt.

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Die Atome dieses interstellaren Gases werden von der Strahlung aus dem aktiven Galaxienkern in einer ganz bestimmten Weise zum Leuchten angeregt. Die Verzögerung resultiert aus der Zeit, die das Licht braucht, um bis zum Rand der Galaxie zu gelangen und so die galaktische "Gaslampe" anzuschalten. Bevor dies geschieht, befindet sich der aktive Galaxienkern im scheinbar "ausgeschalteten" Zustand – zumindest, was das sichtbare Licht angeht. In diesem Zustand sendet der aktive Galaxienkern aber bereits Röntgenstrahlung aus.

Die Astronomen fanden nun in einer großen Datensammlung beobachteter aktiver Galaxienkerne, dass rund fünf Prozent davon im scheinbar "ausgeschalteten" Zustand waren. Das heißt, sie wurden zwar von Röntgenteleskopen detektiert, leuchteten aber noch nicht mit dem typischen sichtbaren Licht einer "galaktischen Gaslampe". Wenn fünf Prozent aller beobachteten aktiven Galaxienkerne noch nicht sichtbar leuchten, dann bedeutet das, so die Folgerung der Wissenschaftler, dass der scheinbar ausgeschaltete Zustand fünf Prozent, also ein Zwanzigstel, der Gesamtdauer einer AGN-Hell-Dunkel-Phase ausmacht. Es ist so, als ob man jeden Tag ein Foto eines Menschen aufnähme: am Ende seines Lebens wird es mehr Fotos aus dem längeren Erwachsenenalter geben als aus der kürzeren Pubertät, und zwar in dem gleichen Verhältnis, in dem das Erwachsenalter länger war als die Pubertät.

Nun wussten die Wissenschaftler aus früheren theoretischen Arbeiten, dass der ausgeschaltete Zustand eines aktiven Galaxienkernes - man kann ihn mit einer Lebensphase wie der Pubertät vergleichen - circa 10.000 Jahre dauern sollte. Das ist nämlich die Zeit, die das Licht braucht, um die relevanten Bereiche einer typischen Galaxie zu durchqueren. Daraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass eine komplette AGN-Phase - das Analogon eines ganzen Menschenlebens - im Durchschnitt 20 Mal so lange, also 200.000 Jahre, dauert.

"Dieses Ergebnis ist wichtig, um besser zu verstehen, wie ein aktiver Galaxienkern die ihn umgebende Galaxie beeinflusst", erklärt Schawinski. Astrophysiker haben bisher gewusst, dass aktive Galaxienkerne sogar über mehrere Milliarden Jahre Gas ansammeln können. Niemand wusste aber, ob sie über diese gesamte Zeitspanne genügend Gas ansammeln, um zu leuchten. "Jetzt wissen wir, dass das Leuchten eines aktiven Galaxienkerns eher dem Flackern einer Energiesparlampe gleicht, die alle 20 Millisekunden zwischen 'An' und 'Aus' hin- und herschaltet", so Schawinski. Im Vergleich zu den hunderten von Jahrmillionen, in denen ein Galaxienkern aktiv bleibt, sind 200.000 Jahre eine ebenso kurze Zeit.

"Die 200.000 Jahre sind als Größenordnung zu verstehen und sie sind ein statistischer Mittelwert", betont Schawinski. Das heißt, für die eine Galaxie kann die AGN-Phase etwas länger dauern als für die andere. Aber für alle sollte diese Dauer einige hunderttausend Jahre betragen. Diese Einschränkung könnte helfen zu verstehen, wie aktive Galaxienkerne in die Entwicklung ihrer Heimatgalaxie eingreifen.

So ist es zum Beispiel möglich, dass die Strahlung aus einem AGN die in sich zusammenfallenden Gaswolken, in denen Sterne entstehen, aufheizt. Das Aufheizen würde den Kollaps der Gaswolken und somit die Entstehung von Sternen hinauszögern oder ganz verhindern. Dafür müsste der aktive Galaxienkern aber lange genug leuchten. "Mit der Abschätzung der Dauer einer AGN-Phase kommen wir der Antwort auf diese Frage ein gutes Stück näher", hofft Schawinski.

Die Ergebnisse veröffentlichten die Astronomen im Fachmagazin Monthly Notices of the Royal Astronomical Society.

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siehe auch
WISE: Neue Rätsel um aktive Galaxienkerne - 23. Mai 2014
Integral: Überraschendes von aktiven Galaxienkernen - 9. August 2011
Aktive Galaxienkerne: Ein Typ blieb bislang unentdeckt - 31. Juli 2007
Quasare: Ein Objekt, zwei Blickwinkel - 22. Mai 2001
Links im WWW
Preprint des Fachartikels bei arXiv.org
ETH Zürich
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