QUASARE
Ein Objekt, zwei Blickwinkel
von Stefan
Deiters
astronews.com
22. Mai 2001
Radiogalaxien und Quasare sehen unterschiedlich aus und werden
daher traditionell als zwei unterschiedliche Objekte klassifiziert. Viele
Astronomen glauben aber schon seit einiger Zeit, dass es sich im Grunde
genommen um die gleichen Objekte handelt, die man von der Erde aus nur aus
verschiedenen Blickwinkeln sieht. Daten des Infrarot-Teleskops ISO der
europäischen Weltraumagentur ESA lieferten für diese These nun
Beweise.

Die Radiogalaxie Cygnus A. Die keulenförmigen Bereiche mit
Radioemission reichen weit über das Gebiet der im optischen
Bereich sichtbaren Galaxie hinaus, in deren Zentrum der Kern
der Radioemission liegt (kleiner schwarzer Punkt in der
Bildmitte). Foto: Richard Perley, Very Large Array,
New Mexiko. |
Nach dieser Theorie
befindet sich sowohl im Zentrum der Quasare als auch in den Zentren der
Radiogalaxien ein supermassereiches Schwarzes Loch, das von einer ringförmigen
Struktur aus Staub umgeben ist. Kann man aufgrund seines Blickwinkels direkt in
den Zentralbereich der Galaxie blicken, sieht man einen hellen Quasar. Wird
jedoch die Strahlung aus dem Zentrum von Staub abgeschirmt, hat man eine
Radiogalaxie vor sich. Radiogalaxien sind Objekte, die im sichtbaren Bereich des
Lichtes wie eine normale Galaxie aussehen, im Radiobereich aber zwei
keulenförmige Bereiche von Radioemission zeigen, die weit über den Bereich der
sichtbaren Galaxie hinausragen. Auch Quasare sind starke Radioquellen, doch
sehen sie im optischen Bereich des Lichtes vollkommen anderes aus: Diese
"quasi-stellare Radioquellen" oder auch "quasi-stellare
Objekte" zeigen einen extrem hellen Zentralbereich.
Nach über einem
halben Jahrhundert Forschung auf dem Gebiet der Radiogalaxien, sind sich
Astronomen inzwischen sicher, dass starke Radioquellen mit einem
supermassereichen Schwarzen Loch im Zentrum zu tun haben. Und schon in den 80er
Jahren kam die Idee auf, dass für viele recht ungewöhnliche Objekte im All
Schwarze Löcher verantwortlich sein könnten, man diese Objekte von der Erde
aus nur mit einem unterschiedlichen Blickwinkel betrachtet und wie daher
verschieden aussehen. Diese Vereinheitlichungs-Theorie macht einen dichten
Staubring um das Schwarze Loch für das unterschiedliche Erscheinungsbild
verantwortlich. Schaut man von der Erde aus auf diesen Ring, sieht man von dem
Schwarzen Loch und der in dessen Umgebung produzierten Strahlung nichts.
Um die Theorie zu
testen, galt es also die in Frage kommenden Objekte in einem
Wellenlängenbereich zu untersuchen, in dem die Strahlung nicht durch den
Staubring verschluckt wird. Und dabei konnte das Infrarot-Teleskop ISO der ESA
gute Dienste leisten. Mit Hilfe des ISOPHOT genannten Spektrometers an Bord des
Satelliten verglichen Klaus Meisenheimer vom Max-Planck-Institut für Astronomie
in Heidelberg und sein Team Helligkeiten von Radiogalaxien und Quasaren. Sollten
es sich um die gleichen Objekte handeln, dürfte es, so die Vermutung, keine
allzu großen Unterschiede geben.
Und in der Tat: Bei
einem Vergleich von zehn Paaren aus Radiogalaxien und Quasaren waren in den
beobachteten Wellenlängenbereich kaum Unterschiede auszumachen. "Wir haben
erstmals zeigen können, dass sehr heiße und helle Quasarkerne auch in sehr
schwache und weit entfernten Radiogalaxien zu finden sind", so Meisenheimer.
"Das ist der erste Hinweis darauf, dass eine der wesentlichen Voraussagen
der Radiogalaxie/Quasar-Vereinheitlichungstheorie erfüllt sind."
Auch die Ergebnisse
anderer Gruppen, die sich ISO bedienten, unterstützen mittlerweile die
Vereinheitlichungstheorie. Das betrifft die sogenannten Seyfert 1 und Seyfert 2
Galaxien. Auch sie haben vermutlich ein gewaltiges Schwarzes Loch in ihrem
Zentrum, was allerdings allerdings etwas kleiner ausfallen dürfte als im Fall
der Radiogalaxien. Auch hier macht der Blickwinkel den Unterschied aus.
Das Infrarotteleskop
ISO arbeitete von November 1995 bis Mai 1998 und erlaubte der Astronomie
einmalige Einblicke in bislang verborgene Bereiche des Universums. Der
Nachfolger Herschel soll 2007 starten und den Wissenschaftlern ganz neue
Möglichkeiten eröffnen. Auch die Bestätigung der Vereinheitlichungstheorie
durch weitere Beobachtungen steht dann weiter auf der Tagesordnung.
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