Der Puls eines Sterns verrät sein Alter
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Wien astronews.com
4. Juli 2014
Die Schwingungen von gerade entstandenen Sternen können
offenbar etwas über ihr genaues Alter verraten. Dies bestätigte jetzt die
Auswertung von Daten zweier Raumsonden und von erdgebundenen Teleskopen. Somit
kann die Asteroseismologie den Astronomen in Zukunft helfen, die frühe Phase im
Leben eines Sterns besser zu verstehen.
Asteroseismologie erlaubt einen Blick in das
Innere von Sternen.
Bild: CNES |
Sterne werden durch den Kollaps von Molekülwolken geboren. In den frühen
Phasen der Sternentwicklung ziehen sich die jungen Sonnen zusammen und werden
dabei immer kleiner, kompakter und heißer, bis es in ihrem Inneren schließlich
so heiß ist, dass das Wasserstoffbrennen im Kern zünden kann. Die ersten Phasen
im Leben der Sterne bestimmen ihr gesamtes zukünftiges Schicksal bis hin zu
ihrem Tod. "Es ist daher wesentlich, dass wir die physikalischen Prozesse in
ihren frühen Phasen verstehen", erklärt die Astrophysikerin Konstanze Zwintz von
der Universität Wien.
Aber gerade in der Frühphase ist die Bestimmung des Alters eines Sterns ein
großes Problem: Junge Sterne mit Massen von etwa einer bis zu sechs Sonnenmassen
haben ähnliche Eigenschaften in ihren Atmosphären wie ältere, weiter entwickelte
Sterne, die schon im Kern Wasserstoff verbrennen. "Es ist daher nicht möglich,
den Entwicklungszustand eines beliebigen Sterns ausschließlich aufgrund von
Eigenschaften wie seiner effektiven Temperatur, Schwerebeschleunigung oder
Leuchtkraft zu bestimmen", so Zwintz.
Der Hauptunterschied zwischen Sternen unterschiedlicher Entwicklungszustände
ist ihr innerer Aufbau. Asteroseismologie ist die einzige Methode, die es
erlaubt, das Innere pulsierender Sterne durch die Analyse ihrer
Sternschwingungen zu untersuchen. Das funktioniert ähnlich wie auf der Erde, wo
man aufgrund des Studiums von Erdbeben und der damit verbundenen seismischen
Wellen weiß, wie das Innere unserer Erde aufgebaut ist.
Theoretiker hatten vorhergesagt, dass man die Asteroseismologie dazu
verwenden könnte, den Entwicklungszustand eines Sterns zu bestimmen. Es fehlten
allerdings bisher entsprechende Beobachtungsdaten, um diese Hypothese zu
überprüfen. Zwintz und ihr Team konnten nun erstmals zeigen, dass die
beobachteten Schwingungseigenschaften junger Sterne tatsächlich von ihrem
jeweiligen Entwicklungszustand abhängen: Die am wenigsten entwickelten jungen
Sterne schwingen am langsamsten, während die am weitesten entwickelten - also die,
die kurz vor dem Beginn des Wasserstoffbrennens im Kern stehen - die kürzesten
Perioden zeigen.
"Das wird es erlauben, das Alter junger Sterne nur aus ihren gemessenen
Schwingungseigenschaften abzuleiten, ohne Zuhilfenahme theoretischer Modelle",
freut sich die Astronomin. "Damit haben wir gezeigt, dass Asteroseismologie auch
eine unschlagbare Methode ist, einige der offenen Fragen im Gebiet der frühen
Sternentwicklung zu beantworten".
Sterne in allen Entwicklungsstadien können viele verschiedene Arten von
Schwingungen zeigen, die aufgrund unterschiedlicher Mechanismen entstehen. Dass
auch junge Sterne schwingen können, ist erst seit rund 20 Jahren bekannt. Als
Zwintz im Jahr 2000 mit ihrer Doktorarbeit an der Universität Wien begann, war
Asteroseismologie junger Sterne ein ganz neues Gebiet, über das noch nicht viel
bekannt war.
Seit dieser Zeit hat sich Zwintz intensiv diesem Forschungsgebiet gewidmet
und arbeitet nun seit knapp zwei Jahren an der Katholieke Universiteit
Leuven in Belgien. Hier führt sie zusammen mit ihren früheren Kollegen
Rainer Kuschnig und Werner Weiss vom Institut für Astrophysik der Universität
Wien die Forschungsarbeit zum Thema fort.
Die Daten zu der jetzt vorgestellten Studie wurden zu einem Großteil durch
die beiden Satelliten MOST und CoRoT und einige Observatorien auf der
Erde aufgenommen. Der kanadische Mikro-Satellit MOST (Microvariability and
Oscillations of STars) wurde vor über elf Jahren gestartet, ist nur so groß
wie ein Koffer und hat über all die Jahre immer wieder junge Sterne vermessen.
Am Dach des Instituts für Astrophysik der Universität Wien gibt es seit 2003
eine Bodenstation, die täglich mit MOST kommuniziert, um seine neuen Daten auf
die Erde zu senden.
Die Hauptaufgabe des im Dezember 2006 gestarteten europäischen Satelliten
CoRoT (Convection, Rotation and Planetary Transits) war es,
Planeten in anderen Sonnensystemen zu entdecken und die Schwingungen älterer
Sterne zu untersuchen. CoRoT hat im Juni 2013 seinen Dienst
eingestellt. Der zweite Teil der Daten - hochaufgelöste Spektren der Sterne -
wurde an Observatorien auf der Erde aufgenommen, unter anderem mit dem Very
Large Telescope (VLT) der europäischen Südsternwarte (ESO).
Über ihre Ergebnisse berichten die Astronomen jetzt in einem Fachartikel in
der Zeitschrift Science.
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