Echos aus dem Kern eines Roten Riesen
Redaktion
/ Pressemitteilung der Katholieke Universiteit Leuven astronews.com
6. April 2011
Ständig behält das NASA-Weltraumteleskop Kepler unzählige Sterne im
Blick und registriert auch noch die kleinste Helligkeitsschwankung. Ziel ist die
Entdeckung zahlreicher, möglichst erdähnlicher Planeten um andere Sonnen. Die
Daten von Kepler sind aber auch ein wertvolles Hilfsmittel für
Astronomen, die sich für den inneren Aufbau von Sternen interessieren.
Grafische Darstellung der Oszillationen in einem
Roten Riesenstern.
Bild:
Pieter Degroote, K. U. Leuven, Belgien |
Schön seit Längerem wissen Astronomen, dass Wellen existieren, die wie
Schallwellen einen Stern durchqueren. Allerdings konnten
bislang nur solche Wellen beobachtet werden, die lediglich die oberen Schichten eines
Sternes durchlaufen. Diese Wellen dringen einige hunderttausend Kilometer tief in
den Stern ein, werden aber bei einer bestimmten Tiefe - wenn die Dichte im Inneren
des Sternes zu groß wird - an die Oberfläche zurückgeworfen. Ein internationales Astronomenteam hat nun auf
unerwarteter Weise die Signatur von Wellen entdeckt, welche es bis ganz in das
Zentrum des Sternes schaffen.
Für Astronomen sind diese als stellare
Oszillationen bezeichneten Wellen von besonderem Interesse. Wie ein Arzt, der bei der Untersuchung den Klang des Herzens abhört
oder wie Geoseismologen Erdbeben auf der Erde nutzen, um das Innere unseres
Planeten zu erforschen, verwendet diese wissenschaftliche Disziplin der Astroseismologie die stellaren Oszillationen, um ein vollständiges Bild des
Aufbaues der Sterne zu gewinnen. Die Entdeckung von Wellen, welche in der Lage
sind, die im Kern eines Sternes vorherrschenden Bedingungen zu erfassen, öffnen
ein Fenster in jenes Inferno im Inneren des Sternes, welches für uns ansonsten
unerreichbar und versteckt bliebe.
Entdeckt wurden diese speziellen Wellen in einem Roten Riesenstern. Rote
Riesen sind alte Sterne. Unsere Sonne wird sich in etwa fünf Milliarden Jahren ebenfalls zu
einem solchen entwickeln. In diesem Stadium wird sich unsere Sonne auf das
Zehnfache ihrer jetzigen Größe aufblähen und dabei ihre Leuchtkraft verfünfzigfachen. Gleichzeitig verändert sich auch die Farbe von gelb ins orangerötliche
- daher auch die Bezeichnung Roter Riese.
"Die Möglichkeit, einen Blick in den Kern dieser Roten Riesen werfen zu können, wird
es uns ermöglichen, genau zu verstehen, was mit unserer Sonne passieren wird,
wenn diese älter wird", erläutert Paul Beck, Doktorand an der Universität Löwen in
Belgien. Beck zählt zu den Nachwuchswissenschaftlern, die die
Möglichkeit bekommen, mit Daten des Weltraumteleskops Kepler zu arbeiten.
Zusammen mit Tim Bedding von der
Universität Sydney und Marc-Antoine Dupret von der Universität Liège hatte er
als
erster bemerkt, dass manche Oszillationen ein Verhalten zeigten, dass nicht ins klassische Schema passte. Beim Vergleich der
Beobachtungen mit theoretischen Modellen stellten sie bald fest, dass sie Wellen
gefunden hatten, welche die Bedingungen im Kern zu
spüren bekommen haben.
Auf der Oberfläche des Sternes äußern sich die Schwingungen in Flecken, in
denen sich die Temperatur periodisch leicht verändert. Und genau diese kann
Kepler registrieren. Das Weltraumteleskop sucht nämlich zahlreiche Sterne
nach Helligkeitsschwankungen ab, die sich durch einen vorüberziehenden Planeten
erklären lassen (astronews.com berichtete wiederholt). Doch die gewonnenen Daten
lassen sich nicht nur für die Suche nach fernen Welten verwenden.
Das Kepler Asteroseismic Science Consortium besteht aus mehr als 440 Astronomen,
die sich auf die
Erforschung des inneren Aufbaus der Sterne spezialisiert haben. Das Hauptquartier
liegt in Aarhus in Dänemark. "Astronomen auf der ganzen Welt beteiligen sich an der
großen Herausforderung, die Messdaten von Kepler mit dem Ziel auszuwerten, den
inneren Aufbau der Sterne besser zu verstehen", erläutert Hans Kjeldsen von der
Universität Aarhus und Koordinator des Konsortiums. "Die Messungen die Kepler
liefert sind so unglaublich genau, dass wir Dinge sehen, welche wir niemals zuvor
gesehen haben. Als ob man eine komplett neue Welt bereisen würde."
Die Astronomen berichteten über ihre Entdeckung kürzlich in der
Fachzeitschrift Science.
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