Die innere Rotation einer fernen Sonne
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astronomie astronews.com
7. August 2013
Astronomen ist es erstmals gelungen, die innere Rotation
eines sonnenähnlichen Sterns und dessen Drehachse zweifelsfrei zu bestimmen. Sie
analysierten dazu die inneren Schwingungen des Sterns HD52265. Um dies zu
ermöglichen, wurde der Stern zuvor mit dem Weltraumteleskop CoRoT 117
Tage lang ununterbrochen beobachtet.
So könnte der Stern
HD52265 und sein Planet aussehen.
Bild: MPS / Mark A. Garlick (markgarlick.com) |
Eine Gruppe von Wissenschaftlern unter Leitung des Max-Planck-Institutes für
Sonnensystemforschung (MPS) und der Universität Göttingen hat zum ersten Mal
zweifelsfrei die innere Rotation eines sonnenähnlichen Sterns messen und die
Neigung seiner Rotationsachse bestimmen können. Die Ergebnisse zeigen, dass sich der
Stern HD52265 etwa 2,3-mal so schnell wie die Sonne dreht und seine Drehachse um
30 Grad gegenüber der Verbindungslinie zur Erde geneigt ist. Der Stern HD52265
befindet sich mehr als 90 Lichtjahre entfernt im Sternbild Einhorn.
Die
Wissenschaftler konnten zudem zeigen, dass der Körper, der den Stern umkreist,
in der Tat ein Exoplanet ist und nicht - wie zuvor auch vermutet worden war - ein
Brauner Zwerg, also ein extrem massearmer Stern. Dies ist das erste Mal, dass
Forscher Methoden der Asteroseismologie genutzt haben, um die Masse eines
Körpers einzugrenzen, der einen sonnenähnlichen Stern umkreist. Die
Asteroseismologie untersucht die inneren Schwingungen von Sternen. Die neuen
Ergebnisse wurden kürzlich in der Fachzeitschrift Proceedings of the National
Academy of Sciences of the United States of America veröffentlicht.
In
sonnenähnlichen Sternen steigt im Inneren heißes Plasma auf, kühlt ab und
sinkt wieder herab. Forscher nennen diesen Prozess "Konvektion". Dadurch
entstehen
Druck- bzw. Schallwellen, die im Inneren des Sterns eingeschlossen sind. Sie
sorgen dafür, dass der Stern wie eine Glocke vibriert. Die Asteroseismologie
nutzt die Schwingungen an der Oberfläche, um - neben anderen Eigenschaften - die
Rotation im Inneren von Sternen zu bestimmen.
Die Forschergruppe unter Leitung von Prof. Dr.
Laurent Gizon, Direktor am MPS und Professor an der Universität Göttingen,
verwendete für ihre Studie Daten des Weltraumteleskops CoRoT. Zwischen November
2008 und März 2009 richtete das Teleskop 117 Tage lang seinen Blick ohne Pause
auf Stern HD52265. Solch lange und ununterbrochenen Beobachtungszeiten sind
entscheidend, um die Schwingungsfrequenzen eines Sterns mit der notwendigen
Genauigkeit bestimmen zu können.
"Die Drehung des Sterns hinterlässt winzige
Spuren in den Frequenzen, mit denen er schwingt", erklärt Gizon. Druckwellen,
die sich in Richtung der Rotationsbewegung ausbreiten sind schneller als solche,
die sich in entgegengesetzte Richtung bewegen. Dies führt zu Unterschieden in
den Schwingungsfrequenzen, die im hypothetischen Fall eines nicht-rotierenden
Sterns nicht vorhanden wären. Die Sichtbarkeit der einzelnen Schwingungen hängt
zudem vom Winkel ab, unter dem der Stern betrachtet wird. "Die asteroseismologischen
Ergebnisse stimmen hervorragend mit denen anderer, unabhängiger Messungen
überein", freut sich Gizon.
Eine dieser unabhängigen Methoden
misst die Geschwindigkeit, mit der sich dunkle Sternflecken, auf der Oberfläche
eines Sterns bewegen. Die neuen Ergebnisse zeigen, dass im Fall des Sterns
HD52265 die Rotationsgeschwindigkeit an der Oberfläche und die im Innern sehr
ähnlich sind. Dies trifft auch auf die Sonne und anderen sonnenähnliche Sterne
zu.
Seit mehr als zehn Jahren ist zudem bekannt, dass ein zweiter Körper,
genannt HD52265b, den Stern umkreist. "Da seine Masse jedoch nicht bekannt war,
war unklar, ob er zu einer Klasse massearmer Sterne, sogenannter Brauner
Zwerge, zu rechnen ist oder ob es sich um einen Exoplaneten handelt", erklärt
Dr. Thorsten Stahn von der Universität Göttingen. Eine untere Grenze für die
Masse von Stern HD52265b hatten Forscher bereits zuvor mit Hilfe der
Radialgeschwindigkeitsmethode bestimmt. Sie nutzten dafür aus, dass der Stern
und sein Begleiter streng genommen um den gemeinsamen Massenschwerpunkt kreisen.
Von der Erde aus betrachtet sieht es deshalb so aus, als "wackele" der Stern
leicht hin und her.
Die genaue Masse lässt sich jedoch nur bestimmen, wenn auch
die Neigung der Bahnachse des Planeten bekannt ist. Mit Hilfe der Asteroseismologie lässt sich die Neigung der Drehachse des Sterns berechnen. Da
in der Regel angenommen wird, dass beide Achsen dieselbe Neigung aufweisen,
konnten die Forscher die untere Grenze für die Masse in die tatsächliche Masse
umrechnen. "Unsere Ergebnisse zeigen, dass HD52265b 1,85 mal so schwer wie der
Jupiter ist", so Stahn. "Der Körper kann deshalb kein Brauner Zwerg sein."
"Dies
wirft die Frage auf: Wie konnte ein solch riesiger Planet in so geringer
Entfernung zu einem Stern entstehen", gibt Dr. Hannah Schunker vom MPS zu
bedenken. "Die
Neigung der Drehachse birgt zusätzliche Informationen über dieses System aus
Stern und Planet. Diese könnten uns helfen zu entscheiden, welches Szenario für
Entstehung und Evolution des Systems am wahrscheinlichsten ist". Zudem
würden
die neuen Ergebnisse auf eindrucksvolle Weise belegen, welches Potential die Asteroseismologie
bietet, um die Geheimnisse des Inneren von Sternen zu lüften und Exoplaneten zu
charakterisieren, die sie umkreisen.
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