Blick auf die jüngsten Protosterne
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astronomie astronews.com
20. März 2013
Mithilfe des Weltraumteleskops Herschel und des
Submillimeter-Teleskops APEX haben Astronomen die jüngsten bislang bekannten
Protosterne aufgespürt. Die stellaren Embryos sind noch tief in dichte Kokons
aus Staub eingebettet. Von der Entdeckung erhoffen sich die Forscher neue
Einblicke in die frühesten Stadien der Sternentwicklung.

Drei der PACS Bright Red Sources (PBRS), die mit
Herschel gefunden wurden. Oben ein vom
Weltraumteleskop Spitzer (bei 24 µm)
aufgenommenes Bild, in welchem die beiden oberen
Objekte vollständig unsichtbar sind. Die beiden
Bilder unten stammen vom Weltraumteleskop
Herschel (bei 70 µm) und vom
Submillimeterteleskop APEX (bei 350 µm).
Bilder: A. M. Stutz (MPIA)

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Sterne werden im Verborgenen geboren: hinter Staubschichten, tief im Inneren
der Molekülwolken, aus deren Kollaps sie entstehen. Je jünger ein werdender
Stern - ein sogenannter Protostern - ist, desto schwieriger ist es, ihn zu
beobachten. In den letzten Jahren gab es einen regelrechten Wettlauf, mithilfe
immer empfindlicherer Infrarotteleskope Protosterne in immer früheren
Entwicklungsstadien zu entdecken. Jetzt ist es einer Gruppe von Astronomen
gelungen, mit dem Weltraumteleskop Herschel und dem Submillimeter-Teleskop APEX die
jüngsten bislang bekannten Protosterne zu entdecken und zu untersuchen.
"Die Entdeckung war ein echter Glücksfall", erinnert sich Teammitglied Tom
Megeath von der University of Toledo im US-Bundesstaat Ohio. "Ich hatte
mir Bilder angesehen, die mit den Weltraumteleskopen Spitzer und
Herschel aufgenommen wurden und einen kürzlich entdeckten interessanten
Protostern in Orion zeigten, dessen Leuchtkraft sich mit der Zeit ändert. Auf
dem ersten Herschel-Bild, das ich mir ansah, war dieser Protostern
deutlich zu sehen - aber direkt daneben fand sich überraschender Weise noch ein
weiteres Objekt, das auf den Bildern des Spitzer-Teleskops schlichtweg
fehlte."
Dass das Objekt auf den Spitzer-Bildern nicht zu sehen war, hängt
damit zusammen, dass Spitzer bei kürzeren Wellenlängen beobachtet als
Herschel. Dass ein Objekt bei längeren Wellenlängen hell leuchtet, bei
kürzeren dagegen unsichtbar ist, gibt Physikern Hinweise auf seine Temperatur.
Menschen zum Beispiel emittieren durch ihre Körpertemperatur von etwa 37 Grad
Celsius infrarotes, aber kein sichtbares Licht. Die Unsichtbarkeit auf den
Spitzer-Bildern legte nahe, dass es sich bei dem Objekt auf dem
Herschel-Bild um einen außergewöhnlich kalten Protostern handeln könnte.
Das waren aufregende Aussichten, denn bei so geringen Temperaturen müsste es
sich um einen Protostern in einem viel früheren Entwicklungsstadium handeln, als
es jemals zuvor beobachtet worden war. Nach dieser ersten vielversprechenden
Entdeckung durchkämmte Teamleiterin Amelia Stutz vom Max-Planck-Institut für
Astronomie in Heidelberg sorgfältig die Orion-Daten, um zu sehen, ob sich
weitere Exemplare solcher Objekte aufspüren ließen. Am Ende kam sie auf
insgesamt 55 solcher anscheinend sehr kalten Objekte.
Doch waren dies wirklich alles junge Protosterne? Im Universum erscheinen
schließlich auch sehr weit entfernte Objekte rotverschoben, da durch die
Ausdehnung des Weltraums die Wellenlängen ihres Lichtes gestreckt werden. Das
kann dazu führen, dass eine sehr weit entfernte gewöhnliche Galaxie so ähnlich
aussieht wie ein sehr kalter, aber ungleich näherer Protostern.
"Wir mussten die Spreu vom Weizen trennen und die echten Protosterne
ausfindig machen". so Stutz. "Und wir wussten, dass dies nur mit mehr Daten
möglich war. Aus diesem Grund griffen wir auf APEX zurück - ein Teleskop, das
sogar noch langwelligeres Licht empfängt als Herschel."
Das APEX-Teleskop, das als Prototyp für das unlängst eingeweihte Atacama
Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) diente, befindet sich in der
Atacama-Wüste in Chile und wird von der Europäischen Südsternwarte (ESO)
betrieben. Mit den kombinierten Daten und durch sorgfältigen Vergleich ihrer
Beobachtungen mit physikalischen Modellen von Protosternen und ähnlichen
Objekten reduzierten Stutz und ihre Kollegen ihre Liste auf 15 zuverlässig
identifizierte neue Protosterne.
Die rötesten Quellen tauften sie nach dem Herschel-Instrument PACS,
mit dem diese Entdeckungen gelungen waren - PACS Bright Red Sources (kurz:
PBRS). Diese Quellen waren aufgrund ihrer geringen Temperatur vom Spitzer-Teleskop
nicht als Protosterne zu identifizieren gewesen - einige von ihnen sind auf den
Spitzer-Bildern schlicht unsichtbar.
Stutz und ihre Kollegen vermuten, dass es sich bei den von ihnen entdeckten
Objekten um die jüngsten Protosterne handelt, die bislang beobachtet wurden:
staubige Gashüllen mit Massen entsprechend der 0,2- bis 2-fachen Masse der
Sonne, die von einem tief im Inneren eingebetteten Protostern auf etwa 20 Grad
über dem absoluten Nullpunkt, also 20 Kelvin, aufgeheizt werden.
"In den frühesten Stadien sammelt der Protostern den Großteil seiner Masse
an. Aber diese Stadien sind gleichzeitig am schwierigsten zu beobachten. Bislang
gab es keinen direkten Weg, das, was das Modell über die frühesten Stadien
sagte, mit Beobachtungen zu vergleichen", so Stutz. "Diese Lücke schließen wir
jetzt und das ist immer eine gute Sache, wenn man wissen möchte, was wirklich
vor sich geht."
Stutz und ihre Kollegen planen bereits weitere Beobachtungen der von ihnen
entdeckten Objekte, unter anderem mit ALMA. "Es ist immer aufregend, neue Arten
von Objekten wie unsere PBRS zu finden", so die Astronomin. "insbesondere dann,
wenn sie Informationen über etwas so Fundamentales wie die Geburt von Sternen
versprechen. Sowohl unsere Entdeckung als auch das Potential für weitergehende
Beobachtungen zeigt, dass dies interessante Zeiten für Astronomen sind. Diese
Quellen konnten wir nur mit Herschel entdecken. Und nur mit ALMA ist es
möglich, sie im Detail zu untersuchen."
Über ihre Beobachtungen berichten die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift
Astrophysical Journal.
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