Im Grunde genommen sind die Geburtsstätten von Sternen gut vor den
Blicken neugieriger Astronomen verborgen, entstehen Sterne doch im Inneren
riesiger Staub- und Molekülwolken, die eigentlich jegliche Information
verschlucken. Doch dank des Leistungsvermögens des US-Röntgenteleskops Chandra
wurde nun der direkteste Blick auf neu geborene Sterne möglich, den
Wissenschaftler bis heute erhalten konnten. Und was sie sahen, erschien
den Forschern fast schon menschlich zu sein: Ein neugeborener Stern
"schreit" nach der Geburt in Form von gewaltigen Ausbrüchen im
Röntgenbereich, die etwa 100 bis 100.000 Mal heller sind als
entsprechende Eruptionen auf unserer Sonne.
Die Astronomen hatten Sterne beobachtet, die gerade einmal 10.000 bis
100.000 Jahre alt sind und damit noch nicht die nuklearen Brennprozesse in
ihrem Inneren gezündet hatten. Vergleicht man das Alter mit dem eines
menschlichen Babys, würden die Sterne einem einen Tag oder eine Woche
alten Neugeborenen entsprechen. "Wir haben uns diese neugeborenen
Sterne angeschaut, die tief verborgen in ihrer Wiege lagen und haben
beobachtet, dass sie viel heftiger schreien, als wir das erwartet
hatten", sagte Yohku Tsuboi von der Pennsylvania State University auf
einem Treffen der amerikanischen astronomischen Gesellschaft in Hawaii.
"Mit Chandra haben wir nun ein Werkzeug zur Verfügung um
Protosterne zu untersuchen, zu denen wir mit anderen Instrumenten in
anderen Wellenlängen keinen Zugang hatten."
Die Astronomen unterteilen die ganz jungen Sterne in zwei Klassen: die
"Klasse 0"-Protosterne und die "Klasse 1"-Protosterne.
Der Übergang von einem "Klasse 0"-Stern zu einem "Klasse
1"-Stern wird durch Veränderungen im Infrarot-Spektrum
gekennzeichnet, die auf das Dünnerwerden der Gas- und Staubhülle
zurückzuführen sind.
Bisherige Röntgenteleskope hatten nicht das Auflösungsvermögen, um
die Protosterne im Inneren einer Molekülwolke zu erkennen. Mit Chandra
gelang es nun bei 17 von 22 "Klasse 1"-Sternen in der 500
Lichtjahre von der Erde entfernten rho Ophiuchi
Molekülwolke Röntgenstrahlen auszumachen. Während ihrer
Beobachtungen sahen die Astronomen auch mehrere
Röntgenstrahlenausbrüche. An anderer Stelle konnten sie sogar erstmals
Röntgenstrahlen von einem "Klasse 0"-Protostern
beobachten.
"Die Röntgenstrahlen werden sehr stark absorbiert,
möglicherweise von einer großen Menge von Gas aus der Wolke",
erläutert Tsuboi die Ergebnisse seiner Beobachtungen des "Klasse
0"-Protosterns. "Das zeigt, dass die Röntgenstrahlen wirklich
aus dem Zentrum stammen und damit vom Protostern selbst. Daher haben wir
hier Röntgenstrahlung in der Klasse 0-Phase nachweisen können."
Das Szenario, das die Wissenschaftler von der Babyzeit eines Sterns
zeichnen, ist wahrhaft atemberaubend: Schon unmittelbar nach der Geburt
inmitten einer kalten Molekülwolke produziert der Stern heißes Plasma
mit Temperaturen von 10 Millionen Grad und mehr. Diese gewaltigen
Eruptionen könnten ein kombinierter Effekt aus Durchmischungsprozessen
und Drehung sein. Erst wenn der Stern sein Wasserstoffbrennen zündet
beruhigt er sich und es beginnt ein relativ ruhige Phase, in der sich auch
unsere Sonne befindet und die beispielsweise die Entwicklung von Leben
erst möglich gemacht hat.