Blick auf stellare Babys im Orionnebel
von Stefan Deiters astronews.com
2. März 2012
Astronomen haben mit den Infrarot-Weltraumteleskopen
Herschel und Spitzer einen faszinierenden Blick in eines der
bekanntesten Sternentstehungsgebiete unserer Milchstraße geworfen. Bei den
detaillierten Beobachtungen des Orionnebels wurden zahlreiche gerade geborene
Sterne sichtbar, die ungestümer waren als erwartet.
Infrarotblick von Herschel und Spitzer in den
Orionnebel.
Bild: ESA / NASA / JPL-Caltech / N.
Billot (IRAM) [Großansicht] |
Der etwa 1.350 Lichtjahre entfernte Orionnebel ist eines der bekanntesten
Sternentstehungsgebiete. Das hat vermutlich auch damit zu tun, dass diese Region
bereits mit bloßem Auge zu erkennen ist - sie liegt unterhalb der drei
Gürtelsterne des Sternbilds Orion. Vor allem im Winter lässt sich diese Region
von Europa aus gut beobachten. In dem Nebel entstehen unzählige neue Sterne und
die intensive ultraviolette Strahlung der jungen Sonnen bringt das Gas und den
Staub in der Region zum Leuchten.
In diesem Staub aber verbergen sich, nicht zu erkennen im sichtbaren Bereich
des Lichts, Sterne in der frühsten Phase ihrer Entwicklung. Sie sind auf einem
jetzt veröffentlichten Bild zu sehen, das aus Daten der
Infrarot-Weltraumteleskope Herschel und Spitzer erstellt
wurde. Im Infraroten lässt sich nämlich der Staub durchdringen, so dass der
Blick auf die stellaren Embryos frei wird. Die Farben des Bildes entsprechen
dabei verschiedenen Wellenlängen im Infraroten.
Ein Stern entsteht aus einer dichten Wolke aus Gas und Staub, die unter ihrer
eigenen Anziehungskraft kollabiert. Schließlich entsteht ein zentraler, warmer
Protostern, der sich inmitten einer Scheibe aus Gas und Staub befindet. Im Laufe
einiger Hunderttausend Jahre spiralt das Material der Scheibe dann in Richtung
des Sterns und wird von diesem aufgenommen, bis schließlich die nuklearen
Fusionsprozesse in seinem Inneren zünden und der Protostern damit zu einer
richtigen Sonne geworden ist. Aus dem in der Scheibe verbliebenen Material
können sich dann unter Umständen Planeten bilden.
Astronomen des Institut de Radioastronomie Millimétrique (IRAM) im
spanischen Granada haben den Orionnebel mit dem europäische
Infrarot-Weltraumteleskop Herschel im Winter und Frühjahr des
vergangenen Jahres über sechs Wochen jeweils einmal wöchentlich ins Visier
genommen. Mit Hilfe des Instrumentes PACS haben sie dabei kalte Staubpartikel in
den Scheiben um die jüngsten Protosterne beobachtet, die in fernen
Infrarot-Wellenlängen sichtbar werden. Die Daten wurden dann mit Aufnahmen des
NASA-Weltraumteleskops Spitzer kombiniert, die in kürzeren
Infrarot-Wellenlängenbereichen entstanden sind und damit ältere, heißere Objekte
sichtbar machen.
Zur Überraschung der Astronomen stellte sich dabei heraus, dass die
Helligkeit der Protosterne um mehr als 20 Prozent variierte - und dies in einem
Zeitraum von nur wenigen Wochen. Die Akkretionsprozesse rund um die stellaren
Babys sollten jedoch auf Zeitskalen von Jahren oder sogar Jahrhunderten
ablaufen. Nun rätseln die Wissenschaftler, wie sie dieses Verhalten der
Protosterne erklären können. Es wäre beispielsweise möglich, dass klumpige
Filamente aus Gas von der äußeren Scheibenregion in die Nähe des Sterns gelangt
sind und so für ein Aufleuchten der inneren Scheibe gesorgt haben.
"Dank der Empfindlichkeit von Herschel bieten sich Astronomen ganz
neue Möglichkeiten, die Entstehung von Sternen zu untersuchen", freut sich
Nicolas Billot vom IRAM. "Wir waren total begeistert, als wir die Variabilität
von Orion-Protosternen über so kurze Zeitskalen entdeckt haben." Die Astronomen
planen nun weitere Beobachtungen mit dem europäischen Weltraumteleskop. Sie
hoffen dadurch auch die physikalischen Prozesse zu verstehen, die für das
überraschende Verhalten der Sterne verantwortlich sind.
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