Uralter Stern wird etwas jünger
von Stefan Deiters astronews.com
15. März 2013
Mithilfe des Weltraumteleskops Hubble haben Astronomen das
Alter des Sterns HD 140283 neu bestimmt - auf etwa 14,5 Milliarden Jahre. Der
stellare Methusalem wäre damit älter als das Universum. Allerdings sind die
Fehler bei der Altersbestimmung noch so groß, dass das Alter des Sterns trotzdem zum
Alter des Weltalls passen könnte. Das war zuvor noch anders.

Der Stern HD
140283.
Bild: Digitized Sky Survey (DSS), STScI/AURA,
Palomar/Caltech, und UKSTU/AAO |
"Wir haben hier den ältesten Stern vor uns, für den wir das Alter
bestimmen können",
meint Howard Bond von der Pennsylvania State University und dem Space Telescope
Science Institute. Und dieses Alter ist wahrlich atemberaubend: Der Stern
HD 140283 ist nach den Berechnungen der Astronomen 14,5 Milliarden Jahre alt,
wobei der Fehler der Altersbestimmung 0,8 Milliarden Jahre in beide Richtungen
beträgt.
Frühere Schätzungen über das Alter des Sterns, die auf älteren Beobachtungen
beruhten, machten den stellaren Methusalem zu einem noch größeren Rätsel: Danach
betrug das Alter des Sterns nämlich unglaubliche 16 Milliarden Jahre. Der Stern
war damit deutlich älter als unser Universum, dessen Alter von Astronomen
übereinstimmend mit 13,8 Milliarden Jahre angegeben wird.
"Entweder
war also etwas mit der Kosmologie falsch, unser Verständnis über die Physik von
Sternen war fehlerhaft oder aber die Entfernung des Sterns wurde falsch bestimmt",
so Bond. "Deswegen haben wir versucht, die Entfernung nachzumessen." Die neuen, auf
Hubble-Beobachtungen beruhenden Schätzungen ergeben für den
Stern zwar noch immer ein sehr hohes Alter, doch überschneidet sich dies -
angesichts der angegebenen Unsicherheiten - zumindest mit dem allgemein
akzeptieren Alter des Universums.
HD 140283 ist den Astronomen schon seit mehr als einem Jahrhundert bekannt,
da er sich vergleichsweise schnell am Himmel bewegt. Dies ist ein Zeichen dafür,
dass der Stern in unserem Bereich der Milchstraße praktisch nur zu Besuch ist
und - aus dem Halo unserer Galaxie kommend - gerade die Scheibe unserer Milchstraße
durchläuft, in der sich auch unsere Sonne befindet.
Diese Vermutung wurde schon durch Messungen in den 1950er Jahren bestätigt,
bei denen man feststellte, dass HD 140283 über nur sehr wenige schwerere Elemente
verfügt. Da diese Elemente erst im Inneren von Sternen erzeugt werden müssen und
daher im jungen Universum noch nicht vorhanden waren, gilt ein Defizit
an schwereren Elementen in der Regel als Hinweis auf ein sehr hohes Alter eines
Sterns. Im Halo unserer Galaxie, also dem kugelförmigen Bereich, der die Scheibe der Milchstraße umgibt, vermuten die Wissenschaftler die ältesten Sterne
der Galaxie.
HD 140283 liegt im Sternbild Waage und beginnt gerade, sich zu einem Roten
Riesenstern zu entwickeln. Als Stern siebenter Größenklasse ist er bereits mit
einem Fernglas zu erkennen. Mit Hubble wurde nun eine Entfernung von 190,1
Lichtjahren für den Stern ermittelt. Dazu verwendeten die Astronomen ein
Verfahren, das man als trigonometrische Parallaxe bezeichnet. Man wertet dazu
die Positionsveränderung eines Objekts in Bezug auf weit entfernte Sterne bei
einem Wechsel der Beobachtungsposition aus.
Dies funktioniert bei relativ nahegelegenen Sternen recht gut, da man dank
des Umlaufs der Erde um die Sonne einen bestimmten Stern in einem Abstand von
sechs Monaten von zwei recht weit voneinander entfernten Positionen aus
beobachten kann. Aus der dabei gemessenen Verschiebung des Sterns im Vergleich
zum entfernteren Sternenhintergrund, der sogenannten Parallaxe, lässt sich die Entfernung durch
einfache Triangulation bestimmen.
Die zuvor beste Entfernungsbestimmung stammte vom ESA-Satelliten
Hipparcos, doch diese führte noch immer zu einer Unsicherheit im Alter des
Sterns von zwei Milliarden Jahren. Mit einem von Hubbles drei Fine
Guidance Sensoren wurde daher eine neue Messung der Parallaxe durchgeführt,
die den Hipparcos-Wert aber praktisch bestätigte. Allerdings ist die Hubble-Messung
fünf Mal genauer als die Messung von Hipparcos, so dass die Entfernung
und damit die für die Altersbestimmung wichtige tatsächliche Helligkeit
des Sterns nun genauer bekannt ist als zuvor.
Bond und sein Team verwendeten dann aktuelle Theorien über die
Sternentwicklung und den inneren Aufbau solcher Sterne, um das Alter von HD
140283 präziser zu bestimmen. Dabei berücksichtigen sie auch
gemessene Häufigkeit bestimmter Elemente, wie etwa von Sauerstoff. "Wenn man alles zusammenbringt, kommt man auf ein Alter von 14,5
Milliarden Jahren, was - angesichts der Unsicherheiten - schon verträglich mit
dem Alter des Universums ist", so Bond. Der Astronom vermutet, dass weitere
Messungen der Häufigkeit von Sauerstoff in der Atmosphäre des Sterns noch
zu einer weiteren Reduktion des Alters führen könnten.
HD 140283 dürfte in einer Zwerggalaxie in der Frühzeit des Universums
geboren worden sein. Diese Galaxie wurde dann vor über zwölf Milliarden Jahren von
der Milchstraße verschluckt. Seitdem bewegt sich der Stern auf einem
langgestreckten Orbit durch unsere Heimatgalaxie und dies mit einer
Geschwindigkeit von über 1,2 Millionen Kilometern pro Stunde. Die Astronomen
berichten über die Altersbestimmung von HD 140283 in einem Artikel, der in der
Fachzeitschrift The Astrophysical Journal Letters erschienen ist.
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