Super-Erde ein Diamantplanet?
von Stefan Deiters astronews.com
12. Oktober 2012
Das Planetensystem um den Stern 55 Cancri in rund 40
Lichtjahren Entfernung begeistert Astronomen schon seit Jahren. Insgesamt fünf
Planeten hat man bislang hier entdeckt. 55 Cancri e ist eine sogenannte
Super-Erde mit dem doppelten Radius und der achtfachen Masse unseres
Heimatplaneten. Neue Untersuchungen legen nun nahe, dass 55 Cancri e zu einem
beträchtlichen Teil aus Diamant bestehen könnte.
So stellen sich
die Wissenschaftler den Planeten 55 Cancri e vor:
Unter einer Graphitdecke verbirgt sich eine dicke
Diamantschicht, ganz im Inneren ein Kern aus flüssigem
Eisen.
Bild:
Yale University / Haven Giguere |
"Dies ist unser erster Blick auf einen
festen Planeten mit einer fundamental anderen
chemischen Zusammensetzung als unsere Erde", erläutert Nikku Madhusudhan von der
Yale University, der auch Erstautor eines Fachartikels über die
Untersuchung ist, der in der Fachzeitschrift Astrophysical Journal Letters
erscheint. "Die Oberfläche dieses Planeten besteht vermutlich aus Graphit und
Diamant und nicht aus Wasser und Granit."
Bei 55 Cancri e handelt es sich um eine Super-Erde, also um einen Planeten der
größer ist als unsere Heimatwelt, allerdings kleiner als Neptun oder gar der Gasriese Jupiter. Der Planet mit dem doppelten Erdradius und der achtfachen
Masse der Erde liegt in einer Entfernung von rund 40 Lichtjahren im Sternbild
Krebs. Für eine Umrundung seines Zentralsterns benötigt 55 Cancri e lediglich 18
Stunden. Sein Abstand zu seiner Sonne ist damit so gering, dass auf ihm
Temperaturen von mehr als 2.000 Grad Celsius herrschen dürften.
55 Cancri e ist bereits seit 2004 bekannt, erst später gelang es allerdings auch
Transits des Planeten vor seinem Stern zu beobachten und damit seinen Radius zu
bestimmen. Das Weltraumteleskop Spitzer konnte kürzlich sogar das
Infrarotleuchten des Planeten beobachten (astronews.com berichtete). Mit Hilfe
der neuen Daten versuchten Madhusudhan und seine Kollegen nun, mehr über die
Zusammensetzung der fernen Welt herauszufinden. Mit Computermodellen spielten
sie dabei alle möglichen Kombinationen von Elementen durch und verglichen die
Ergebnisse mit den beobachteten Eigenschaften.
Astronomen war schon zuvor aufgefallen, dass der Zentralstern des Planeten mehr
Kohlenstoff als Sauerstoff enthält und nach Ansicht von Madhusudhan und seinen
Kollegen dürften damit auch bei der Entstehung von 55 Cancri e größere Mengen an
Kohlenstoff und Siliziumkarbid vorhanden gewesen sein. Der Anteil an Wassereis
hingegen war wohl nur gering. Nach der neuen Studie könnte es auf 55 Cancri e
überhaupt kein Wasser geben und der Planet hauptsächlich aus Kohlenstoff
bestehen, dies in Form von Graphit und Diamant, sowie aus Eisen, Siliziumkarbit
und möglicherweise einigen Silikaten.
Dabei könnte mindestens ein Drittel der
Planetenmasse, also rund drei Erdmassen, in Form von Diamant vorliegen. "Im
Gegensatz dazu besteht die Erde im Inneren hauptsächlich aus Sauerstoff und es
gibt nur sehr wenig Kohlenstoff", so Teammitglied Kanani Lee, die als
Geophysikerin an der Yale University arbeitet.
Der Nachweis einer kohlenstoffreichen Super-Erde würde nach Ansicht der
Wissenschaftler auch erhebliche Bedeutung für die weitere Suche nach einer
"zweiten Erde" haben. Man könne nämlich nun nicht mehr davon ausgehen, dass es
sich bei Planeten, die vergleichsweise klein sind und nicht in die Kategorie der
Gasriesen oder der Neptun-ähnlichen Welten fallen, automatisch um Gesteinswelten
handelt, deren Zusammensetzung der unserer Erde ähnelt. Ein hoher
Kohlenstoffanteil hätte sehr wahrscheinlich auch Auswirkungen auf
beispielsweise den Wärmehaushalt und die Plattentektonik der Planeten und damit
auf die seismische Aktivität, Vulkanismus und die Entstehung von Bergen.
"Sterne sind einfach - sobald man die Masse und das Alter eines Sterns ermittelt
hat, kennt man im Prinzip auch ihre Struktur und Geschichte", meint Astronomieprofessor David Spergel von der Princeton University.
"Planeten sind da viel komplexer. Diese 'diamant-reiche Super-Erde' ist
vermutlich nur ein Beispiel für eine große Vielfalt von Entdeckungen, die uns
erwarten, wenn wir die Planeten um nahegelegene Sterne weiter erforschen."
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