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Zwei Schwarze Löcher in M22
von Stefan Deiters astronews.com
4. Oktober 2012
Astronomen haben in dem rund 10.000 Lichtjahre entfernten
Kugelsternhaufen Messier 22 eine überraschende Entdeckung gemacht: Bei der Suche
nach einem Schwarzen Loch mittlerer Masse stießen sie auf gleich zwei kleinere
Schwarze Löcher und rätseln nun, wie sich der Fund mit den theoretische
Vorhersagen über die Entwicklung von Kugelsternhaufen in Einklang bringen lässt.

So stellt sich
ein Künstler ein Schwarzes Loch in einem
Kugelsternhaufen vor.
Bild:
Benjamin de Bivort; Strader, et al.; NRAO / AUI /
NSF |
Die Astronomen haben mit Hilfe des Very Large Array, einer
Zusammenschaltung mehrerer Radioteleskope, den Kugelsternhaufen Messier 22 (M22)
beobachtet, der rund 10.000 Lichtjahre von der Erde entfernt ist. Sie waren auf
der Suche nach einem seltenen Typ von Schwarzem Loch, dessen Masse zwischen der
stellarer Schwarzer Löcher und der von supermassereichen Schwarzen Löchern in
den Zentren von Galaxien liegt. Stellare Schwarze Löcher haben eine Masse, die
nur wenigen Vielfachen der Masse unserer Sonne entspricht, während
supermassereiche Schwarze Löcher die viele Millionen-fache Masse unserer Sonne
erreichen können.
"Wir haben nicht gefunden, wonach wir gesucht haben",
so Laura Chomiuk von der Michigan State University und dem National
Radio Astronomy Observatory. "Stattdessen sind wir auf etwas sehr
Überraschendes gestoßen - nämlich auf zwei kleinere Schwarze Löcher. Das ist
deswegen so verblüffend, weil die meisten Theoretiker glauben, dass es maximal
ein Schwarzes Loch in dem Kugelsternhaufen geben kann."
Stellare Schwarze
Löcher können entstehen, wenn ein massereicher Stern am Ende seines nuklearen
Lebens in einer Supernova explodiert. Da es sich bei den Kugelsternhaufen der
Milchstraße um Ansammlungen von sehr alten Sternen handelt, ist anzunehmen, dass
in der Frühphase der Sternhaufen - vor etwa zwölf Milliarden Jahren - dort
unzählige stellare Schwarze Löcher entstanden sind.
Simulationen über
die dynamische Entwicklung von Sternen in Kugelsternhaufen lassen aber
Rückschlüsse darauf zu, was mit diesen massereichen Objekten im Verlauf der Zeit
passieren sollte: Das gravitative Wechselspiel der Sterne sorgt dafür, dass
besonders massereiche Objekte sich im Zentrum des Haufens sammeln. Das gilt
insbesondere für die Schwarzen Löcher, die sich schließlich gegenseitig aus dem
Haufenzentrum hinauskicken sollten - bis maximal noch eines übrigbleibt.
"Man ging bislang eigentlich davon aus, dass es nur einen Überlebenden geben
kann", so Jay Strader von der Michigan State University und dem
Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics. "Die Entdeckung von zwei
Schwarzen Löcher satt nur von einem in diesem Kugelsternhaufen ändert definitiv
das Bild."
Zwei Szenarien, so die Astronomen, könnten die Entdeckung
erklären: So wäre es beispielsweise möglich, dass die zahlreichen Schwarzen
Löcher den Zentralbereich des Haufens allmählich aufgebläht haben und dadurch
die stellare Dichte im Zentrum reduziert wurden. Damit konnten sich dann auch
die Schwarzen Löcher gegenseitig nicht mehr mit der Rate aus dem Haufen kicken,
die man eigentlich erwartet hatte. Eine zweite Möglichkeit ist, dass sich das
Zentrum des Haufens noch gar nicht so stark kontrahiert hat, wie vermutet, was
auch für eine geringere Dichte im Zentralbereich sorgen würde.
"Weitere
Beobachtungen mit dem VLA sollten uns mehr über das endgültige Schicksal von
Schwarzen Löchern in Kugelsternhaufen verraten", so Chomiuk. Die beiden in M22
mit dem VLA entdeckten stellaren Schwarzen Löcher sind die ersten Objekte dieser
Art, die man in einem Kugelsternhaufen der Milchstraße aufgespürt hat. Es sind
auch die ersten, die mit Hilfe von Radiobeobachtungen und nicht etwa mit
Röntgenbeobachtungen entdeckt wurden.
Die Astronomen berichten über ihren
Fund in der heute erscheinenden Ausgabe der Wissenschaftszeitschrift Nature.
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