Schwarzes Loch in Kugelsternhaufen entdeckt
von Rainer Kayser
5. Januar 2007
Gibt es Schwarze Löcher in Kugelsternhaufen oder nicht?
Lange Zeit wurde diese Frage unter Astronomen kontrovers diskutiert. Jetzt
fanden Forscher mithilfe des europäischen Röntgenteleskops XMM-Newton
eindeutige Signaturen eines Schwarzen Lochs in einem Kugelsternhaufen der
Galaxie NGC 4472. Wie massereich die ferne Schwerkraftfalle allerdings ist,
können die Wissenschaftler nicht sagen.
Lange Zeit waren sich Astronomen unsicher, ob in
Kugelsternhaufen Schwarze Löcher existieren.
Jetzt fand XMM Newton eindeutige Belege für ein
Schwarzes Loch in einem Kugelsternhaufen. Foto:
ESA / Hubble
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Gibt es Schwarze Löcher in Kugelsternhaufen? Seit Jahren wird diese Frage
unter den Astronomen kontrovers diskutiert. Ein internationales Forscherteam hat
nun eine Röntgenquelle in einem Kugelsternhaufen der 60 Millionen Lichtjahre
entfernten Galaxie NGC 4472 entdeckt. Die Energieverteilung und die Variabilität
der Strahlung sind nach Ansicht der Wissenschaftler ein eindeutiger Beleg dafür,
dass es sich bei der Quelle tatsächlich um ein Schwarzes Loch handelt. Das Team
präsentiert seine Beobachtungen und Analysen in der Online-Ausgabe von Nature.
Kugelsternhaufen enthalten Hunderttausende oder gar Millionen von Sternen auf
vergleichsweise engem Raum - ihr Durchmesser beträgt zumeist nur einige zehn
Lichtjahre. Im Gegensatz zur normalen Umgebung in einer Galaxie ist deshalb die
Wahrscheinlichkeit für enge Begegnungen und Kollisionen zwischen Sternen in
Kugelsternhaufen groß. Ob dieser Umstand zur Entstehung großer Schwarzer Löcher
führt oder im Gegenteil die Existenz Schwarzer Löcher in Kugelsternhaufen eher
unterbindet, ist bislang unklar. Theoretische Arbeiten sagen für die zentrale
Region der Kugelsternhaufen die Entstehung von Schwarzen Löchern mit dem
Tausendfachen der Sonnenmasse durch Kollisionen voraus. In numerische
Simulationen dagegen werden praktisch alle entstehenden Schwarzen Löcher durch
enge Vorübergänge schnell aus dem Haufen herauskatapultiert.
Thomas Maccarone von der University of Southampton und seine Kollegen
aus den USA haben sich deshalb auf die Suche nach verräterischen
Strahlungssignalen von Schwarzen Löchern in Kugelsternhaufen gemacht. Beim
Materieeinfall in Schwarze Löcher entsteht charakteristische Röntgenstrahlung.
Deshalb verglichen die Forscher die Position von Punktquellen, die vom
europäischen Röntgensatelliten XMM-Newton aufgespürt worden waren, mit
den Positionen von Kugelsternhaufen. Im Umfeld der Galaxie NGC 4472 im
Virgo-Galaxienhaufen wurden sie fündig.
Die Position einer der Röntgenquellen stimmte nahezu exakt mit der Position
eines der hellsten Kugelsternhaufen dieser Galaxie überein.
Die Strahlung ist typisch für ein Schwarzes Loch mit einer rotierenden
Materiescheibe. Wie groß dieses Schwarze Loch ist, können Maccarone und seine
Kollegen allerdings nicht sagen. Es könnte sich sowohl um ein großes Objekt mit
rund 400 Sonnenmassen handeln, als auch um ein stellares Schwarzes Loch mit nur
einigen wenigen Sonnenmassen.
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