Stammt das Methan aus Meteoriten?
von Stefan Deiters astronews.com
31. Mai 2012
Das von Sonden in der Marsatmosphäre nachgewiesene Methan
werten manche Forscher als Hinweis auf Leben auf dem Roten Planeten, entsteht
dieses Gas doch auf der Erde vor allem durch biologische Prozesse.
Wissenschaftler haben nun aber eine neue Methanquelle ausgemacht: Das Gas könnte
aus Meteoriten entweichen, die in großer Zahl auf der Marsoberfläche
einschlagen.

Methan in
der Atmosphäre des Mars im nördlichen Sommer. Die
höchsten Methankonzentrationen sind rot
dargestellt.
Bild: Trent Schindler / NASA |
Immer wieder konnten Marssonden in den letzten Jahren größere Mengen Methan in
der Marsatmosphäre nachweisen. Methan entsteht auf der Erde hauptsächlich durch
biologische Prozesse, so dass manche Wissenschaftler den Fund als Indiz dafür
werteten, dass es auf dem eigentlich als lebensfeindlich geltenden Mars doch
irgendeine Form von bakteriellem Leben gibt. Methan ist nämlich in der
Atmosphäre äußerst instabil und muss daher ständig neu produziert werden.
200 bis 300 Tonnen Methan, so rechneten Forscher hoch, müssen pro Jahr in die
Marsatmosphäre freigesetzt werden, um das hier beobachtete Methan zu erklären.
Dieser hohe Wert ließ sich auch nicht so einfach durch eine Theorie erklären,
die als Alternative zur Mikroorganismen-These gehandelt wurde: Das Freiwerden
von Methan aus dem Marsinneren durch geologische Prozesse.
Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz haben nun zusammen
mit Kollegen aus Utrecht und Edinburgh eine bislang wenig beachtete Methanquelle
ausgemacht - und dies durch die Untersuchung eines Meteoriten im heimischen
Labor: "Methan entsteht aus unzähligen kleinen Mikro-Meteoriten und
interplanetaren Staubteilchen, welche aus dem Weltall auf der Marsoberfläche
landen", fasst Max-Planck-Atmosphärenchemiker Frank Keppler zusammen, der auch
Erstautor eines Fachartikels über die Untersuchung ist, der heute in Nature
erscheint. "Die Energie liefert die extrem starke ultraviolette Strahlung."
Der Mars verfügt nur über eine vergleichsweise dünne Atmosphäre ohne eine
schützende Ozonschicht, die einen großen Teil der ultravioletten Strahlung von
der Sonne herausfiltern könnte. Die Oberfläche ist also dieser Strahlung nahezu
schutzlos ausgesetzt. Die dünne Atmosphäre sorgt zudem dafür, dass ein größerer
Teil der Meteoriten die Marsoberfläche erreichen kann und nicht - wie im Fall
der Erde - schon auf dem Weg durch die Atmosphäre verglüht.
Für ihre Untersuchungen nutzte das Team eine Probe des bekannten Murchison-Meteoriten,
der 1969 in der Nähe der australischen Stadt Murchison niedergegangen war. Wegen
seiner ungewöhnlich hohen Masse von über 100 Kilogramm gehört er zu den wohl
bestuntersuchten Meteoriten überhaupt. Er gehört zu einer Gruppe von Meteoriten,
die sehr reich an organischen Verbindungen sind. "Der Meteorit enthält mehrere
Prozent Kohlenstoff und hat eine ähnliche chemische Zusammensetzung wie die
Hauptmenge des Meteoritengesteins, das auf dem Mars landet", so Ulrich Ott vom
Max-Planck-Institut für Chemie.
Die Meteoriten-Probe bestrahlten die Forscher nun im Labor mit ultraviolettem
Licht und wählten bei der Versuchsanordnung Bedingungen, die denen auf der
Marsoberfläche ähneln. Sie konnten nahezu unmittelbar nach Beginn der
Bestrahlung das Freiwerden beträchtlicher Mengen von Methan aus dem Meteoriten
beobachten. Offenbar zersetzt die ultraviolette Strahlung die
Kohlenstoffverbindungen in dem Brocken und lässt so Methanmoleküle entstehen.
Da die Temperaturen auf der Marsoberfläche sehr unterschiedlich sind und
zwischen minus 143 Grad Celsius an den Polen und bis zu 17 Grad am Marsäquator
betragen können, führten die Wissenschaftler das Experiment bei verschiedenen
Temperaturen durch. Das Ergebnis stimmte mit Befunden aus der Marsatmosphäre
überein: Je höher die Temperaturen waren, desto mehr Methan wurde aus den
Meteoritenproben frei. Auch von Sonden war über dem wärmeren Marsäquator die
höchsten Methankonzentrationen in der Atmosphäre festgestellt worden.
Der jetzt vorgestellte Prozess schließt natürlich nicht aus, dass zumindest ein
Teil des Methans der Marsatmosphäre biologischen Ursprungs ist. Die Studie macht
aber deutlich, dass Methan auf dem Mars auch durch Vorgänge entstehen kann, die
auf der Erdoberfläche in dieser Form nicht zu beobachten sind und die rein gar
nichts mit Leben zu tun haben. Wer nun tatsächlich für das Methan in der
Marsatmosphäre verantwortlich ist, dürfte sich allerdings nur vor Ort
feststellen lassen. Vielleicht liefert der Marsrover Curiosity, der im
August auf dem Mars landen soll, ja schon weitere Hinweise.
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