Keine Marsmissionen mit der ESA
von Stefan Deiters astronews.com
14. Februar 2012
Die amerikanische Raumfahrtbehörde NASA will ihre Mittel zur
Erforschung des Mars deutlich reduzieren, dafür aber mehr Geld für die bemannte
Raumfahrt und die Entwicklung von Technologien ausgeben. Der jetzt vorgestellte
Haushaltsentwurf würde auch das Aus für die 2016 und 2018 mit der europäischen
Weltraumagentur ESA geplanten Marsmissionen bedeuten.
NASA-Administrator
Charles Bolden gestern bei der Vorstellung des
NASA-Haushalts 2013 in Washington.
Bild: NASA/Bill Ingalls |
In dem Haushaltsentwurf der Obama-Administration für das
Haushaltsjahr 2013 sind für die Weltraumbehörde NASA insgesamt 17,7 Milliarden
US-Dollar vorgesehen. Stimmt der US-Kongress diesem Entwurf zu, erhält die
Behörde nur unwesentlich weniger Geld als im vorherigen Haushaltsjahr, die
Verteilung der Mittel wird sich allerdings deutlich verschieben, da die NASA
mehr Geld für den Hubble-Nachfolger, das James Webb Space Telescope,
für bemannte Raumfahrt und für die Entwicklung neuer Technologien bereitstellen
will.
Diese Verschiebung der Schwerpunkte geht vor allem zu Lasten von Missionen
zur Planetenerkundung. Die dafür zur Verfügung stehenden Mittel verringern sich
nach den Plänen um rund 21 Prozent. Die Ausgaben für bemannte Raumfahrt und die
Entwicklung von Weltraumtechnologie sollen hingegen um 6 Prozent beziehungsweise
um 22 Prozent steigen. "Es gibt kein Zweifel daran, dass einige harte
Entscheidungen getroffen werden mussten", so NASA-Administrator Charles Bolden
gestern bei der Vorstellung der Pläne in Washington. Der Haushaltsplan sei aber
"ein 17,7-Milliarden-Dollar-Entwurf für die NASA und die gesamte Nation, um mit
einer Erkundung des Weltraums zu beginnen, die uns weiter hinaus ins
Sonnensystem bringen wird, als je zuvor."
Nach den gegenwärtigen Planungen sind drei Milliarden Dollar für den Betrieb
der Internationalen Raumstation ISS vorgesehen und über 800 Millionen Dollar zur
Unterstützung der Entwicklung eines kommerziellen Raumschiffs, das einmal
Astronauten zur ISS bringen soll. Bis das allerdings soweit ist, dürften nach
Boldens Schätzungen noch mindestens fünf Jahre vergehen. Beträchtliche Ausgaben
sind auch für die Entwicklung einer neuen Schwerlast-Trägerrakete und des
Orion Multi-Purpose Crew Vehicle vorgesehen, mit dem einmal bemannte
Missionen jenseits der Erdumlaufbahn ermöglicht werden sollen.
Auch für den Hubble-Nachfolger, das James Webb Space Telescope,
muss die Raumfahrtbehörde noch tiefer in die Tasche greifen: 2013 sollen dafür
628 Millionen Dollar zur Verfügung stehen, ein Anstieg gegenüber 2012 von mehr
als 100 Millionen Dollar. Auch in den kommenden Jahren dürften die Ausgaben für
James Webb kaum geringer werden. Mit dem Start des Hubble-Nachfolgers,
der im Laufe der Jahre immer teurer wurde, rechnet Bolden 2018 und damit rund
fünf Jahre später als einmal geplant.
Kein Chance mehr haben nach den jetzt vorgestellten Plänen hingegen die
eigentlich für 2016 und 2018 mit der europäischen Raumfahrtagentur ESA
vereinbarten ExoMars-Missionen (astronews.com berichtete).
"Stattdessen", so Bolden, "werden wir eine integrierte Strategie für die
Marserkundung entwickeln, die wissenschaftliche Ziele, aber auch die Ziele
bemannter Erkundungsmissionen berücksichtigt." Als Starttermin für eine solche
Mission kämen die Jahre 2018 oder 2020 infrage. Viel Konkretes über diese
"integrierte Strategie" findet sich in den Plänen allerdings nicht. Die Sonde
MAVEN zur Erforschung der Marsatmosphäre soll jedoch noch wie vorgesehen 2013
starten.
Die Pläne für eine gemeinsame Marsmission von ESA und NASA waren entwickelt
worden, um auch angesichts immer knapper werdender Geldmittel die Erforschung
des Mars fortsetzen zu können. "Es brauchte zwei lange Jahre und sehr schwierige
Verhandlungen, bis wir die beiden Marsprogramme kombiniert hatten", sagte Ed
Weiler dem Magazin Science. Weiler zeichnete als wissenschaftlicher
Administrator der NASA für das aktuelle Marsprogramm verantwortlich und ist
inzwischen pensioniert. "Wir dachten, wir würden exakt der Linie des Präsidenten
folgen und hatten sehr positive Reaktionen vom Kongress."
Entsprechend frustriert ist Weiler über die jüngsten Entwicklungen. Und er
ist damit nicht allein: So nennt Scott Hubbard, der an der Wiederbelebung des
NASA-Marsprogramms nach mehreren Fehlschlägen Ende der 1990er Jahre maßgeblich
beteiligt war, die Streichung von ExoMars "eine wissenschaftliche
Tragödie und nationale Peinlichkeit." Andere Kommentatoren weisen allerdings
auch darauf hin, dass in Zeiten knapper Kassen alle US-Behörden sparen müssten.
Es bleibt nun abzuwarten, wie der endgültige Haushaltsplan aussehen wird, wenn
der US-Kongress seine Beratungen abgeschlossen hat.
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