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TITAN
Computermodell erklärt Wetterphänomene
von Stefan Deiters
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5. Januar 2012

Große Seen, Regen, Wolken und Nebel - all dies gibt es auf dem Saturnmond Titan. Flüssiges Methan hat nämlich auf dem in eine dichte Atmosphäre gehüllten Trabanten die Rolle übernommen, die Wasser auf der Erde spielt. Wie genau die Stürme und Seen auf Titan entstehen, war den Wissenschaftlern allerdings bislang ein Rätsel. Ein neues Computermodell könnte nun das Wettergeschehen auf dem Mond erklären helfen.

Titan

Ein pfeilförmiges Sturmsystem in der Äquatorregion des Saturnmondes Titan. Bild: NASA/JPL/Space Science Institute

Es gibt wohl wenige Objekte im Sonnensystem, die die Wissenschaftler so faszinieren wie der größte Saturnmond Titan. Unter seiner dichten Atmosphäre verbirgt sich nämlich eine gleichzeitig fremde und doch irgendwie vertraute Welt. Trotz Temperaturen an der Oberfläche von um die minus 180 Grad Celsius gibt es auf dem Trabanten nämlich Wettersysteme mit Regen, Sturm und Nebel sowie zahlreiche Seen. Die Rolle des Wassers auf der Erde hat auf Titan allerdings flüssiges Methan übernommen.

Doch so einfach wie es sich vielleicht anhört, ist es für die Wissenschaftler nicht, die Klimaphänomene auf Titan zu erklären. Insbesondere rätseln sie darüber, warum es die Seen auf dem Saturnmond hauptsächlich in den Polarregionen zu geben scheint und es zudem mehr Seen auf der Nord- als auf der Südhalbkugel des Mondes gibt. In großen Bereichen rund im den Äquator von Titan scheint es hingegen keine Seen und regelmäßige Niederschläge zu geben, obwohl die Landesonde Huygens 2005 hier Kanäle entdeckt hat, die durch abfließenden Regen entstanden sein könnten. 2009 wurde dann ein Sturmsystem beobachtet, das eventuell Niederschlag in diese eigentlich trockene Region gebracht haben könnte. Letztlich stellte auch die in den vergangenen Jahren beobachtete Wolkenverteilung die Forscher vor ein Rätsel: Während des Sommers auf der Südhalbkugel konnte man Wolken hauptsächlich in mittleren und hohen südlichen Breiten beobachten.

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Um diese klimatischen Phänomene zu verstehen, wurden zahlreiche Modelle vorgeschlagen, die allerdings nie alle Beobachtungen erklären konnten oder aber exotische Annahmen machten, wie etwa die Existenz von Kryovulkanen, die Methandampf in die Atmosphäre blasen und so Wolken entstehen lassen. Wissenschaftler des California Institute of Technology (Caltech) sind nun davon überzeugt, mit ihrem neuen Computermodell, das auf einigen fundamentalen Prinzipien der atmosphärischen Zirkulation beruht, alle Beobachtungen erklären zu können. "Wir haben damit eine gemeinsame Erklärung für viele der beobachteten Phänomene", erläutert Tapio Schneider vom Caltech. "Und wir brauchen dazu keine Kryovulkane oder irgendwelche esoterischen Annahmen." Die Ergebnisse des Teams wurden heute in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht.

Nach Schneiders Angaben kann ihr Modell nicht nur die beobachtete Verteilung der Wolken reproduzieren, sondern auch die Verteilung der Seen auf dem Saturnmond. Sie finden sich deswegen besonders häufig in Polnähe, weil diese Regionen weniger Sonnenlicht abbekommen. Dessen Energie würde nämlich normalerweise ausreichen, um das Methan verdunsten zu lassen. In die Polregionen fällt jedoch im Mittel weniger Sonnenlicht, so dass flüssiges Methan sich dort leichter sammeln kann.

Auch dafür, dass sich auf der Nordhalbkugel mehr Seen finden lassen als auf der Südhalbkugel, hat Schneider eine Erklärung: Der elliptische Orbit von Saturn führt dazu, dass Titan weiter von der Sonne entfernt ist, wenn auf der Nordhalbkugel des Mondes Sommer herrscht. Da sich ein Planet aber umso langsamer bewegt, je weiter er von der Sonne entfernt ist, dauert der nördliche Sommer auf Titan länger als der südliche Sommer. Da es an den Polen hauptsächlich im Sommer regnet, ist damit auch die Niederschlagszeit auf der Nordhalbkugel des Mondes länger. Obwohl der sommerliche Regen auf der Südhalbkugel - wegen der stärkeren Sonneneinstrahlung - intensiver ist, fällt im Verlauf eines Jahres trotzdem mehr Regen auf der Nordhalbkugel, so dass sich hier mehr Seen bilden können.

Generell, so die Forscher, sei das Wetter auf Titan aber relativ langweilig. Das würde insbesondere für die Äquatorregion gelten, wo es viele Jahre lang keine Niederschläge geben kann. Die Entdeckung eines Sturms in dieser Region war für die Forscher daher eine echte Überraschung und alle bisherigen Modelle konnten so ein Wettersystem nicht reproduzieren. Schneider und seinen Kollegen ist dies aber gelungen und zwar während der Tagundnachtgleiche im Frühling und Herbst. Dann kann es sogar so stark regnen, dass Kanäle entstehen müssten, wie Huygens sie beobachtet hat. "Es regnet sehr selten in niedrigen Breiten", so Schneider, "aber wenn es einmal regnet, dann schüttet es."

Mit dem Modell haben die Wissenschaftler die Titanatmosphäre über 135 Titanjahre - also rund 3.000 Erdjahre - simuliert, so dass die Atmosphäre einen Gleichgewichtszustand erreichen konnte. Dabei wurden auch Wechselwirkungen zwischen einem Methanreservoir auf der Oberfläche des Mondes und seiner Atmosphäre berücksichtigt, wodurch der Transport des Gases rund um den Mond simuliert wurde. 

Mit dem Modell lassen sich nicht nur die bisherigen Beobachtungen auf Titan erklären, sondern auch Vorhersagen über die zukünftige Entwicklung des Wettergeschehens auf dem Mond machen: So sagen die Wissenschaftler voraus, dass sich durch den Wechsel der Jahreszeiten der Flüssigkeitsstand in den Seen im Norden in den kommenden 15 Jahren erhöhen sollte. Auch sollten sich innerhalb der kommenden zwei Jahre Wolken rund um den Nordpol bilden. Solche überprüfbaren Vorhersagen zu machen, sei "eine seltene und wunderbare Möglichkeit in der Planetenforschung", so Schneider. "In einigen Jahren wissen wir, ob wir richtig oder falsch gelegen haben."

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Links im WWW
Cassini, Webseite der NASA
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