FACT beobachtet auch bei Vollmond
Redaktion
/ Pressemitteilung der ETH Zürich astronews.com
7. November 2011
Wissenschaftler der ETH Zürich haben eine Kamera entwickelt,
die von der kosmischen Strahlung induzierte Lichtblitze erstmals auch bei viel
Umgebungslicht, zum Beispiel bei Vollmond, nachweisen kann. Das neue Instrument,
das in Zusammenarbeit mit anderen Universitäten entstand, wurde kürzlich auf der
Kanareninsel La Palma in Betrieb genommen und lieferte erste Bilder.
Das Teleskop FACT nimmt erste Daten während
der Vollmondnacht vom 11. Oktober 2011 auf. Im
Hintergrund links sieht man eines der MAGIC
Cherenkov Teleskope.
Foto: IPP/ETH Zürich |
Es ist eines der großen Rätsel der Wissenschaft: Vor 99 Jahren entdeckte der
österreichische Physiker Viktor Hess, dass unsere Erde fortwährend von
hochenergetischen Teilchen aus den Tiefen des Alls getroffen wird. Wo diese
Teilchen, die sogenannte kosmische Strahlung, herkommen, ist fast einhundert
Jahre nach dieser Entdeckung noch weitgehend ungeklärt. Ihr Ursprung müssen
nämlich kosmische Phänomene sein, durch die Teilchen zu sehr viel höheren
Energien beschleunigt werden, als es selbst mit dem leistungsstarken Large
Hadron Collider (LHC) am CERN möglich ist.
Eine vielversprechende Methode, Antworten auf dieses Rätsel zu finden, ist
die Hochenergieastronomie. Mit sogenannten Cherenkov-Teleskopen wird nach den
extrem schwachen Lichtblitzen gefahndet, die von hochenergetischen Teilchen in
der Erdatmosphäre erzeugt werden.
Dazu benötigt man eine hochempfindliche Kamera, die mehrere 100 Millionen bis
Milliarden Bilder pro Sekunde aufnehmen kann. In den letzten zehn Jahren gelang
es mit Cherenkov-Teleskopen mehr als 140 der hellsten galaktischen und
extragalaktischen Beschleuniger zu identifizieren, aber eine bedeutend größere
Anzahl liegt vermutlich noch im Verborgenen. Die Beobachtungen werden dadurch
limitiert, dass alle bisherigen Kameras durch zu viel Umgebungslicht zerstört
werden können.
Seit wenigen Jahren existieren neuartige Halbleitersensoren, sogenannte
G-APDs, die sich gegenüber den bisher verwendeten Photoröhren durch eine größere
Robustheit und einfachere Bedienung auszeichnen. Die ETH Zürich entwickelte in
Zusammenarbeit mit der Universität Zürich spezielle Lichtleiter, die für die
Verwendung von G-APDs in Cherenkov-Teleskopen notwendig sind, und konstruierte
eine neuartige Kamera samt der zugehörigen Elektronik.
Nach erfolgreichen Tests baute das Team die Kamera jetzt auf der kanarischen
Insel La Palma auf einer Höhe von 2.200 Meter in ein bereits existierendes
Teleskop ein, das von den Universitäten Dortmund und Würzburg sowie der EPF
Lausanne mit verbesserten Spiegeln und einer neuen Steuerung ausgestattet wurde.
Die EPF Lausanne und die Universität Genf entwickelten wichtige Teile der
Software für das sogenannte First G-APD Cherenkov Teleskop (FACT)
Projekt. Insgesamt sind rund 45 Physiker, Ingenieure und Techniker an der
Entwicklung von FACT beteiligt.
In einer klaren Vollmondnacht im Oktober, nur wenige Stunden nach Montage der
Kamera, konnten bereits die ersten Lichtblitze gemessen werden. Das
Umgebungslicht war mehr als 100-mal stärker als bisher üblich für Beobachtungen
mit Cherenkov-Teleskopen. Seit einiger Zeit weiß man, dass bei einem Typ
kosmischer Beschleuniger die Helligkeit sehr stark und schnell ändern kann.
Mit der neuen Kamera wird es nun möglich, dieses Phänomen lückenloser zu
beobachten. Davon versprechen sich die Forscher neue Erkenntnisse, die zu einem
besseren Verständnis der Wirkungsweise dieses kosmischen Beschleunigers
beitragen. In den kommenden Monaten wird der Betrieb des Teleskops inklusive der
Kamera optimiert. Danach beginnen die wissenschaftlichen Beobachtungen mit FACT.
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