Detaillierter Blick in die Große Magellansche Wolke
von Stefan Deiters astronews.com
2. Juni 2010
Die Große Magellansche Wolke, die uns am nächsten gelegene
größere Galaxie, ist bei Astronomen ein außerordentlich beliebtes
Beobachtungsobjekt. Eine jetzt veröffentlichte Aufnahme der europäischen Südsternwarte ESO
zeigt deutlich warum: Schon in einem Teilbereich der Wolke sind unzählige
verschiedene Objekte auszumachen - vom Kugelsternhaufen bis zum
Supernova-Überrest.

Blick mit dem Wide Field Imager des 2,2
Meter-Teleskops der ESO in La Silla auf einen
Teil der Großen Magellanschen Wolke.
Bild: ESO [Großansicht] |
Die Große Magellansche Wolke ist nur rund 160.000 Lichtjahre von
der Milchstraße entfernt und damit eine der uns am nächsten gelegenen Galaxien.
Sie befindet sich im Sternbild Schwertfisch und ist von der Südhalbkugel der
Erde aus schon mit bloßem Auge am Himmel zu erkennen. Die Große Magellansche
Wolke ist, genau wie unsere Heimatgalaxie, ein Mitglied der Lokalen Gruppe,
unseres Heimatgalaxienhaufens.
Die Große Magellansche Wolke wird von Astronomen als irreguläre Zwerggalaxie
geführt: Mit nur etwa einem Zehntel der Masse der Milchstraße und einem
Durchmesser von rund 14.000 Lichtjahren ist sie deutlich kleiner als unsere
Heimatgalaxie. Vermutlich handelte es sich bei der Großen Magellanschen Wolke
einst um eine normale Balkenspiralgalaxien. Durch gravitative Wechselwirkungen
mit der Milchstraße und einer weiteren Zwerggalaxie, der Kleinen Magellanschen
Wolke, entwickelte sie sich aber zu der irregulären Galaxie, die wir heute
beobachten.
Das jetzt von der europäischen Südsternwarte ESO veröffentlichte Bild wurde
aus insgesamt vier Aufnahmen des Wide Field Imagers zusammengesetzt,
der am MPG/ESO 2,2 Meter-Teleskop in La Silla montiert ist. Obwohl es nur einen
Teilbereich der Großen Magellanschen Wolke zeigt, sind zahlreiche verschiedene
Objekte zu erkennen, darunter Dutzende Haufen aus jungen Sternen, leuchtende
Gaswolken und - im Hintergrund - zahlreiche weitere Galaxien.
Die Große Magellansche Wolke verfügt, wie unsere Milchstraße, über einige
Kugelsternhaufen. Dabei handelt es sich um kugelförmige Ansammlungen von oft
mehreren Hunderttausend Sternen, die sich in einer Region von nur einigen
Lichtjahren befinden. Einer der Kugelsternhaufen der Großen Magellanschen Wolke
ist auch auf dem Bild als leicht verschwommenes Oval aus unzähligen Sternen zu
erkennen. Es handelt sich dabei um NGC 1978, einen ungewöhnlich massereichen
Kugelsternhaufen, der mit einem geschätzten Alter von nur 3,5 Milliarden Jahren
auch vergleichsweise jung ist. Für die Astronomen ist dies ein Indiz dafür, dass
es in der Großen Magellanschen Wolke auch noch in jüngerer Zeit zu
umfangreicherer Sternentstehung gekommen ist.
In der Großen Magellanschen Wolke lässt sich aber nicht nur die Entstehung
von Sternen beobachten, sondern auch ihr Ende: Am oberen rechten Rand des Bildes
ist der Rest einer Supernova-Explosion zu erkennen. Die merkwürdig geformte
Wolke trägt die Bezeichnung DEM L 190 oder N 49 und ist der hellste
Supernova-Überrest in der Großen Magellanschen Wolke. Er hat einen Durchmesser
von ungefähr 30 Lichtjahren. In seinem Zentrum findet sich der Rest des
explodierten Sterns. Es handelt sich dabei um einen Magnetar, also einen
Neutronenstern mit einem extrem starken Magnetfeld.
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