Leben und Tod in der Großen Magellanschen Wolke
von Stefan
Deiters
astronews.com
11. März 2004
Die
Geburt von Sternen hängt im Universum oft mit dem Tod früherer
Sternengenerationen zusammen: Das konnte das im letzten Jahr gestartete
Spitzer-Weltraumteleskop nun in der Großen Magellanschen Wolke (LMC),
einer Satellitengalaxie unserer Milchstraße, beobachten. Ohne den
Supernova-Tod eines massereichen Sterns wäre die Sternentstehung im
Nebel Henize 206 nicht möglich gewesen.
Der von Spitzer beobachtete Nebel Henize 206 in der Großen
Magellanschen Wolke. Foto: NASA / JPL-Caltech / V.
Gorjian (JPL) und NOAO [Großansicht] |
Der von Spitzer beobachtete Nebel Henize 206 liegt in der Großen
Magellanschen Wolke, einer Satellitengalaxie unserer Milchstraße, in rund
163.000 Lichtjahren Entfernung. Hier finden sich Hunderte oder vielleicht sogar
über Tausend Sterne, die zwischen zwei und zehn Millionen Jahre alt sind. "Das
Bild ist ein wunderschönes Beispiel für den Kreislauf von Geburt und Tod, der die
Entstehung von Sternen im ganzen Universum bestimmt", erläutert Dr. Varoujan
Gorjian vom Jet Propulsion Laboratory der NASA in Pasadena.
Wie in anderen stellaren Kinderstuben auch entstanden in Henize 206 Sterne
dadurch, dass die Schockwelle einer Supernova-Explosion Gas und Staub verdichtete
und so erst die Geburt von Sternen ermöglichte. Die massereichsten dieser
neugeborenen Sterne explodieren relativ schnell wieder in einer
weiteren Supernova-Explosion und können dadurch eine neue Welle von Sternentstehung
auslösen und zudem auch wieder neues Gas und Staub ins All blasen. Diesen Kreislauf
findet man überall im Weltraum und die Wissenschaft geht heute davon aus, dass
beispielsweise auch unsere Sonne ein Produkt von mehreren Sternengenerationen
ist.
Das neue Spitzer-Bild zeigt nun eine Momentaufnahme dieses Vorgangs. Das
Weltraumteleskop beobachtete den Nebel im Infraroten und war so in der Lage,
durch die Schichten aus Staub zu schauen, die die Beobachtungen im sichtbaren
Bereich des Lichtes erschweren. Das so entstandene Falschfarben-Bild zeigt die
jungen Sterne als weiße Punkte und das sie umgebende Gas in blauen, roten und
grünen Farbtönen. Spitzer entdeckte außerdem auch einen grünlich erscheinenden
Gasring, bei dem es sich um die Folgen der historischen Supernova-Explosion
handeln dürfte. "Vor Spitzer waren wir nur in der Lage Spuren der neugeborenen
Sterne zu sehen, die hinter dem Staub hervorguckten", so Gorjian.
Von den Aufnahmen versprechen sich die Astronomen neue Hinweise auf die Vorgänge
bei der Entstehung von Sternen vor allem auch in der Frühphase des Universums.
Im Gegensatz zu den großen Galaxien weist die Große Magellansche Wolke nämlich
eine Besonderheit auf: Die Gaswolken in ihr sind deutlich ärmer an schweren
Elementen als die in unserer Milchstraße. Die Bedingungen ähneln also mehr denen
des jungen Universums.
Henize 206 wurde in den 1950er Jahren vom Astronomen Dr. Karl Henize entdeckt.
Henize wurde später NASA-Astronaut und flog 1985 an Bord der Challenger ins All.
Er starb vor elf Jahren beim Besteigen des Mount Everests. Das Spitzer-Weltraumteleskop
wurde im August letzten Jahres gestartet. Es ist - neben dem Hubble-Weltraumteleskop,
dem Röntgenteleskop Chandra und dem Compton
Gammastrahlenobservatorium - das vierte der so genannten "Großen
Observatorien" der NASA im All. Es war, bevor es den Namen Spitzer erhielt,
unter der Bezeichnung Space Infrared Telescope Facility (SIRTF) bekannt.
|