Obama hat Asteroiden und Mars im Visier
von Stefan Deiters astronews.com
16. April 2010
US-Präsident Obama hat bei einem Besuch des Kennedy
Space Center in Florida seine Pläne für die amerikanische Raumfahrt
vorgestellt: Neben einer stärkeren Einbeziehung der Industrie in die Entwicklung
von Raumfahrtsystemen steht danach eine bemannte Mission zum Mars weiterhin auf
der Agenda: Er wolle eine solche Mission noch erleben, sagte Obama. Vorher soll
es aber eine bemannte Mission zu einem Asteroiden geben.
US-Präsident
Barack Obama gestern bei seiner Rede am Kennedy
Space Center. Foto:
NASA / Jim Grossman |
Mit Spannung war die Rede des US-Präsidenten Obama anlässlich
eines Besuchs des Kennedy Space Center in Florida erwartet worden. Nach
dem von der Obama-Administration verhängten Stopp für das Constellation-Programm
im Februar (astronews.com berichtete) und dem bevorstehenden Ende der
Shuttle-Flüge, erhofften sich viele konkretere Hinweise darauf, welche
Richtung die NASA nun einschlagen und welche neuen Ziele es für die
Raumfahrtbehörde geben wird.
Zusammen mit der Industrie, so erläuterte Obama, soll ein neues Raumschiff
entwickelt werden, das Astronauten zur Internationalen Raumstation ISS bringen
kann. Das zuvor zu diesem Zweck geplante Raumschiff Orion wird in
abgespeckter Form als Rettungskapsel für die ISS erhalten bleiben, so dass
nicht alle Entwicklungskosten für Orion vergebens waren.
"Anfang des nächsten Jahrzehnts wird eine Reihe von bemannten Raumflügen die
Systeme testen, die man für Missionen jenseits des niedrigen Erdorbits
benötigt", sagte Obama. "Bis 2025 erwarten wir dann, dass uns ein Raumschiff zur
Verfügung steht, mit dem wir die erste bemannte Mission unternehmen können, die
uns über die Mondbahn hinaus ins All führt. Erstmals in der Geschichte wollen
wir Astronauten zu einem Asteroiden schicken. Mitte der 2030er Jahre, denke ich,
wird es dann soweit sein, dass wir Menschen in einen Marsorbit schicken und sie
sicher wieder zur Erde zurückbringen werden, eine Landung auf dem Mars wird dann
folgen."
Für die neuen Plänen wird die NASA in den kommenden fünf Jahren jeweils sechs
Milliarden US-Dollar mehr erhalten. Obama äußerte den Eindruck, "dass die
Politiker in Washington, die oft mehr von politischen Erwägungen geleitet wären
als von Visionen, die wahre Mission der NASA vernachlässigt und damit auch die
Arbeit der vielen Fachleute, die daran arbeiteten behindert haben."
Der Präsident verteidigte noch einmal die Entscheidung, das Constellation-Programm
einzustellen. Es sei günstiger und schneller private Unternehmen ein neues
Raumschiff für Astronauten entwickeln zu lassen als mit dem Constellation-Programm
fortzufahren, das zudem viele Erwartungen nicht erfüllen könnte. Diesen Eindruck
hatte auch eine gründliche Analyse der Situation durch eine Expertenkommission
unter Leitung von Norman Augustine bestätigt. Die von Obama vorgestellten
Zukunftspläne orientieren sich dann auch an den Vorschlägen der Kommission für
die Zukunft der amerikanischen Raumfahrt.
Während sich die Industrie nun um neue Raumschiffe zur Versorgung der
Internationalen Raumstation ISS kümmert, sollen sich NASA-Ingenieure auf die
Entwicklung einer neuen Schwerlast-Rakete konzentrieren, die einmal für die
bemannten Missionen zu Asteroiden und zum Mars benötigt werden würde. Auch die
dafür benötigten Technologien sollen von NASA-Ingenieuren entwickelt werden.
Die Pläne der Obama-Regierung werden von vielen als wichtiger Schritt und
längst überfälliger Strategiewechsel gesehen. Einige sind aber auch weniger
überzeugt: Kritiker, darunter der Apollo-Astronaut Neil Armstrong,
fürchten, dass Amerika durch die neue Strategie seine führende Rolle in der
Raumfahrt verlieren wird. Zu den Skeptikern gehört zudem - vielleicht wenig
überraschend - der ehemalige NASA-Administrator Michael Griffin, unter dessen
Leitung das Constellation-Programm entwickelt wurde.
"Wir hatten eine integrierte Architektur", so schreibt er in einer von der
Webseite CBS News zitierten E-Mail. "Sie haben Hoffnung. Wir hatten die
'öffentliche Option' zusammen mit kommerziellen Alternativen, wenn diese denn
verfügbar werden. Sie haben nur die kommerzielle Option. Sie machen die
Internationale Raumstation zu einer Geisel des Schicksals und geben Geld für
Technologien aus, von denen sie nur glauben, dass sie sie einmal benötigen
werden. Wir wussten, wie wir die Space Shuttle ersetzen können, wie wir
zum Mond kommen und zum Mars. Sie wissen es nicht."
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