Ja zur ISS, nein zum Constellation-Programm
von Stefan Deiters astronews.com
2. Februar 2010
Die Obama-Administration unterstreicht mit dem gestern
vorgestellten Haushaltsentwurf ihre Unterstützung für die NASA, verordnet der
Raumfahrtbehörde aber auch eine radikale Neuausrichtung. So wird das von Obamas
Vorgänger Bush propagierte Constellation-Programm, mit dem die NASA
ursprünglich bis 2020 zum Mond zurückkehren wollte, eingestellt. Stattdessen
soll auf Kooperationen mit der Industrie gesetzt werden.
US-Präsident Obama will die NASA neu ausrichten.
Bild: NASA |
Der gestern offiziell vorgestellte Haushaltsentwurf der
Obama-Administration bedeutet für die amerikanische Weltraumbehörde NASA einen
radikalen Kurswechsel. Am deutlichsten wird dies durch den darin vorgesehenen
Stopp des Constellation-Programms. Im Rahmen dieses vom ehemaligen
US-Präsidenten Bush propagierten Projektes sollten ursprünglich bis zum Jahr
2020 Astronauten zum Mond zurückkehren, dort eine Basis errichten und
schließlich auch zum Mars aufbrechen. Die dafür entwickelten Raumkapseln und
Trägerraketen waren zudem als Ersatz für die Shuttle-Flotte gedacht, die noch in
diesem Jahr außer Dienst gestellt werden soll.
Schon bei der Vorstellung des Constellation-Programms vor sechs
Jahren gab es kritische Stimmen, die darauf hingewiesen haben, dass mit dem
Programm lediglich alte Technologien aus der Apollo-Zeit wieder
hervorgeholt würden und wenig Innovatives zu erwarten sei. Dieser Ansicht
schloss sich auch eine Expertenkommission an, die nach dem Regierungswechsel vom
neuen US-Präsidenten Obama eingesetzt wurde: Das Constellation-Programm,
so die Kommission, sei unterfinanziert, Jahre hinter seinem Zeitplan zurück und
bringe keine wirklichen Neuerungen. Und selbst wenn man das Programm mit
ausreichenden Mitteln ausstatten würde, wäre kaum zu erwarten, dass eine neue
Mondlandung vor Ende der 2020er Jahre möglich ist. Zudem wären durch diese
"Wiederholung der Dinge, die man schon vor 50 Jahren einmal erreicht hat",
wichtige Ressourcen gebunden und dadurch die Entwicklung neuer Technologien
verhindert worden.
Nach Obama soll die NASA sich nun neu orientieren und durch eine intensivere
Zusammenarbeit mit dem kommerziellen Raumfahrtsektor neue Technologien für den
Zugang und die Erkundung des Weltraums entwickeln. Die NASA wird dazu auch
Grundlagenforschung - beispielsweise über neue Trägerraketensysteme, neue
Technologien zur Treibstoffversorgung und zum Betrieb von Raumschiffen -
beitragen und soll zudem mit Robotersonden weiter das Weltall erkunden.
Am drängendsten aber dürfte zunächst die Entwicklung eines neuen
Transportsystems sein, das die Rolle der Raumfähren zumindest teilweise
übernehmen kann. Die NASA soll nach dem neuen Haushaltsplan nämlich auch Geld
für die Nutzung der Internationalen Raumstation bis mindestens ins Jahr 2020
erhalten. Mit dem Außerdienststellen der Shuttle-Flotte in diesem Jahr verfügen
die Amerikaner aber über keine Möglichkeit mehr, die Raumstation zu versorgen
oder Astronauten ins All zu befördern. Hier soll die NASA entsprechende Verträge
mit privaten Firmen abschließen.
Der Haushaltsentwurf, der für die NASA zudem einen weiteren Schwerpunkt in
der Untersuchung des Klimawandels und der Entwicklung umweltfreundlicher
Technologien für Luft- und Raumfahrt vorsieht, wurde von NASA-Administrator
Bolden, der von Obama ernannt worden war, erwartungsgemäß begrüßt: Der Präsident
hätte der NASA "das kühne Ziel gesetzt, der Motor für Innovation und der
Katalysator für ein ambitioniertes neues Raumfahrtprogramm zu werden, das
Menschen auf der ganzen Welt einschließt und inspiriert."
Auch NASA-Veteran Buzz Aldrin unterstützt die Pläne der Obama-Regierung. In
einer auf der NASA-Webseite veröffentlichten Erklärung heißt es: "Als Apollo-Astronaut
weiß ich, dass es wichtig ist, bei der Erforschung des Weltalls neue Grenzen zu
überwinden. Und die Wahrheit ist, wir waren schon auf dem Mond - vor 40 Jahren.
Daher ist die Konzentration auf die Reduzierung der Kosten für den Zugang zum
All und die Entwicklung neuer Technologien jetzt genau der richtige Weg um
unsere Position als führende Weltraumnation für den Rest dieses Jahrhunderts zu
behaupten."
Allerdings gibt es auch kritische Stimmen, die darauf hinweisen, dass die
NASA durch die Obama-Pläne genau diese führende Rolle bei der Raumfahrt
verlieren könnte. Zudem gäbe es auf dem Markt für kommerzielle Raketenstarts
starke internationale Konkurrenz. Viele befürchten auch Verluste von
Arbeitsplätzen in den NASA-Centern, die nicht durch neue Arbeitsmöglichkeiten im
privaten Sektor aufgefangen werden können.
Viele Details über die neuen Vorhaben liegen noch nicht vor. Die jetzt
vorgestellten Pläne beenden aber zumindest eine einjährige Phase, die nach
Obamas Amtsantritt begonnen hatte und in der niemand recht wusste, welchen Weg
der neue Präsident in Sachen Raumfahrt gehen wird. Die NASA will schon in den
nächsten Tage weitere Details ihrer neuen Marschroute vorstellen.
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