Sternfabriken im jungen Universum
von
Rainer Kayser
22. März 2010
Durch Zufall haben Astronomen mithilfe des Atacama
Pathfinder Experimentes (APEX) eine eindrucksvolle Sternentstehungsregion
im jungen Universum entdeckt. Zu Hilfe kam dem Team dabei die vergrößernde
Wirkung einer Gravitationslinse. In der rund zehn Milliarden Lichtjahre
entfernten Galaxie dürften in jedem Jahr ungefähr 250 neue Sterne entstehen.
So könnte die
entfernte Galaxie SMM J2135-0102 aussehen.
Bild: ESO / M. Kornmesser [Großansicht] |
Es ist ein Zufallsfund: Bei der Beobachtung eines großen Galaxienhaufens im langwelligen Submillimeter-Bereich ist ein internationales Forscherteam auf ein ungewöhnlich helles Objekt gestoßen. Es entpuppte sich als zehn Milliarden Lichtjahre entfernte Galaxie, 16-fach vergrößert durch die als Gravitationslinse wirkende Schwerkraft des Galaxienhaufens. Das kosmische Vergrößerungsglas erlaubt so den bislang besten Blick auf Sternentstehungsregionen im jungen Kosmos. Dort entstehen 100-mal mehr Sterne als in vergleichbaren Regionen in der Milchstraße, berichten die Wissenschaftler in einer Online-Veröffentlichung im Fachblatt
Nature.
"Wir schätzen, dass in SMM J2135-0102 - so die Katalognummer der neuen Galaxie - pro Jahr 250 neue Sterne entstehen", erklärt Carlos de Breuck von der Europäischen Südsternwarte ESO, ein an den Beobachtungen beteiligter Astronom. Da das Licht von dem fernen Sternsystem zehn Milliarden Jahre zu uns braucht, sehen wir es so, wie es vor zehn Milliarden Jahren ausgesehen hat - etwa 3,7 Milliarden Jahre nach dem Urknall. Damals war SMM J2135-0102 bereits etwa so groß wie unsere Milchstraße. Vermutlich ist sie inzwischen zu einer elliptischen Riesengalaxie angewachsen.
De Breuck und seine Kollegen haben SMM J2135-0102 mit APEX, dem Atacama Pathfinder Experiment in der chilenischen Atacama-Wüste aufgespürt. Das zwölf Meter große Submillimeter-Teleskop ist der Prototyp für eine größere Submillimeter-Anlage aus 50 Antennen, die gegenwärtig von der ESO in der Atacama-Wüste errichtet wird. SMM J2135-0102 liegt hinter dichten Staubwolken verborgen und ist deshalb im optischen
Licht nicht sichtbar - doch die langwellige Submillimeter-Strahlung kann diesen Staub durchdringen.
Dank der Vergrößerung des Galaxienhaufens (siehe unser heutiges Bild des Tages) können die Astronomen in SMM
J2135-0102 noch Sternenstehungsregionen ausmachen, die wenige hundert Lichtjahre groß sind. Diese Sternenfabriken sind damit von vergleichbarer Größe wie Sternentstehungsregionen in der Milchstraße, aber erheblich produktiver. Die Forscher hoffen, mit der nächsten Generation der Submillimeter-Teleskope viele ähnliche Regionen im frühen Kosmos zu entdecken - auch ohne die Hilfe kosmischer Vergrößerungsgläser.
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