Erfolgreiches Jahr in der Atacama-Wüste
Redaktion / MPG
astronews.com
14. Juli 2006
Ein Jahr lang ist APEX, das Atacama Pathfinder Experiment,
nun in Betrieb und hat die Erwartungen der Astronomen mehr als erfüllt. Das
beweisen die zahlreichen Arbeiten, die auf APAX-Beobachtungen beruhen und
jetzt veröffentlicht wurden. So entdeckte APEX etwa ein bislang unbekanntes
interstellares Molekül.
APEX auf der Chajnantor-Hochebene. Das APEX-Teleskop
befindet sich auf der 5.100 Meter hohen Chajnantor-Hochebene der
Atacamawüste, nahe am zukünftigen Standort des geplanten
ALMA-Observatoriums. Foto: ESO |
APEX, das "Atacama Pathfinder Experiment", ein 12-Meter-Teleskop für
Wellenlängen im Submillimeterbereich, erfüllt nach seiner Inbetriebnahme alle
Erwartungen der Wissenschaftler an Empfindlichkeit und Abbildungsqualität, die
für Untersuchungen des "kalten Universums" nötig sind. Beleg dafür sind 26
Arbeiten zu ersten Ergebnissen von APEX, die gerade in der aktuellen Ausgabe der
Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics veröffentlicht wurden. Die
meisten der neuen Forschungsergebnisse betreffen Fragen der Sternentstehung
sowie der Astrochemie, wie etwa die erstmalige Entdeckung eines bisher
unbekannten interstellaren Moleküls.
Mit APEX und dem 30-Meter-Teleskop von IRAM gelang erstmals die Beobachtung
eines geladenen Moleküls, das aus Kohlenstoff und Fluor besteht - des CF+-Ions.
Bisher konnte man im Weltall nur eine einzige fluorhaltige Molekülsorte, HF,
nachweisen. Das neu entdeckte Ion, das durch eine Reaktion von Kohlenstoff und
dem HF-Molekül entsteht, fanden die Radioastronomen in der Nachbarschaft des
Orionnebels, einer der nächsten und aktivsten Sterngeburtsstätten unserer
Milchstraße. Diese Entdeckung unterstützt das Verständnis der Astronomen von der
interstellaren Fluorchemie und legt nahe, dass das HF-Molekül in interstellaren
Molekülwolken weit verbreitet ist.
Eine weitere Premiere, wiederum im Oriongebiet, war die Entdeckung der 0,2
Millimeter-Strahlung von Kohlenmonoxid (CO). Derart kurze Wellenlängen sind für
die Forschung eine besondere Herausforderung, weil der Wasserdampf der
Erdatmosphäre sie noch stärker absorbiert als die übrigen Wellenlängen im
Submillimeterbereich, und weil sie am äußersten Rand des Bereichs liegen, für
den APEX konzipiert wurde. Die Entdeckung von CO bei diesen allerkürzesten - von
der Erde aus in einem der Submillimeter-"Fenster" - zugänglichen Wellenlängen
bezeugt die hervorragende Qualität des APEX-Teleskops.
Darüber hinaus entdeckten die Wissenschaftler in mehreren kalten Dunkelwolken
des Südhimmels die Strahlung eines Moleküls, das aus Wasserstoff und Deuterium
(H2D+) besteht. Dieses Molekül ist von besonderer interstellarer
Bedeutung, weil es noch in extrem kalten Gasen (wenige Grad über dem absoluten
Nullpunkt) auftritt, also bei Temperaturen, unter denen schon fast alle anderen
Molekülsorten an der Oberfläche von interstellaren Staubkörnern ausgefroren und
deshalb kaum noch zu beobachten sind.
Dies sind aber nicht die einzigen neuen Befunde: Hinzu kommt beispielsweise die
Erstbeobachtung von atomarem Kohlenstoff in den so genannten "Säulen der
Schöpfung" im Adlernebel (alias Messier 16) sowie Untersuchungen von
Entstehungsregionen massereiche Sterne und eingebetteter heißer Kerne im
Submillimeterbereich. Ferner gelang es, die Masse und Energiebilanz molekularer
Ausflüsse von hoher Geschwindigkeit zu bestimmen, die von jungen stellaren
Objekten in diesen Regionen ausgehen. Systematische Messungen zeigten die
besondere Vielfalt der Molekülsorten, die im Submillimeterband zu beobachten
sind.
Submillimeterbeobachtungen molekularer Gebiete in der Zwerggalaxie NGC 6822 und
der Starburst-Galaxie NGC 253 belegen, dass APEX auch zur Erforschung von
extragalaktischen Quellen benutzt werden kann.
Neben diesen astronomischen Studien befasst sich eine Reihe von
wissenschaftlichen Beiträgen in der Sonderausgabe mit den technischen Aspekten
von APEX, wie etwa dem Teleskop selbst, seiner Software, seinen Empfängern und
Spektrometern. Letztere wurden am Max-Planck-Institut für Radioastronomie in
Bonn und an der Chalmers-Universität in Schweden entwickelt, während der
Gastempfänger für 0,2 Millimeter-Strahlung an der Universität Köln gebaut wurde.
Das APEX-Teleskop, das für den Wellenlängenbereich von 0,2 bis 1,5 Millimeter
entworfen wurde, bestand im Juli 2005 seine "Science Verification"-Tests mit
Erfolg und befindet sich nun im normalen wissenschaftlichen Beobachtungsbetrieb
(astronews.com berichtete wiederholt).
Es steht auf dem 5.100 Meter hohen Chajnantor-Plateau der Atacamawüste in Chile,
dem vermutlich trockensten Ort auf der Erde. APEX wird in Kooperation zwischen
dem Max-Planck-Institut für Radioastronomie, der Europäischen Südsternwarte (ESO)
und dem schwedischen Onsala Space Observatory betrieben.
Mit seiner extrem genauen und großen Oberfläche bietet APEX an diesem ganz
außergewöhnlichen Standort erst- und einmaligen Zugang zu ganz neuen Bereichen
in der astronomischen Beobachtung. Millimeter- und Submillimeterastronomie
eröffnen faszinierende Möglichkeiten, die Bildung der allerersten Galaxien im
Universum und die Entstehungsprozesse von Sternen und Planeten zu studieren. Sie
versetzen die Astronomen in die Lage, Chemie und Physik von Molekülwolken, also
den dichten Gas- und Staubregionen, in denen neue Sterne entstehen, zu
erforschen.
APEX ist zugleich Wegbereiter für das wesentlich größere ALMA-Projekt (Atacama
Large Millimeter Array): Es verwendet einen modifizierten Prototypen der ALMA-Antennen und steht am Ort des zukünftigen ALMA-Observatoriums. ALMA soll
aus einem riesigen Netzwerk von Dutzenden von 12-Meter-Antennen sein, die bis zu
14 Kilometer voneinander entfernt sind. ALMA soll gegen Ende dieses Jahrzehnts
Schritt für Schritt in Betrieb gehen. Dieses Teleskop-Netzwerk wird es
ermöglichen, in der Submillimeterastronomie die radioastronomische Technik der
Apertursynthese zu nutzen, was eine genaue Abbildung von Objekten auf Skalen
unterhalb einer Bogensekunde ermöglicht und auf diese Weise die optischen
Beobachtungen des VLT/ VLTI-Observatoriums der ESO auf das Beste ergänzen soll.
|
|