Extreme Temperaturschwankungen auf HD 80606b
von Stefan Deiters astronews.com
29. Januar 2009
Astronomen haben mithilfe des Weltraumteleskops Spitzer
einen extrasolaren Planeten beobachtet, auf dem es extreme
Temperaturschwankungen gibt. Wegen seines ungewöhnlichen Orbits um seine Sonne
heizt sich die 190 Lichtjahre entfernte Welt in nur sechs Stunden um rund 700
Grad Celsius auf und kühlt dann schnell wieder ab. Im Februar könnte der Planet
eventuell vor seiner Sonne vorüberziehen.
Ausschnitt aus
einer Simulation der Atmosphäre von HD 80606b.
Bild: NASA / JPL-Caltech / J. Langton (UC
Santa Cruz) [Weitere
Bilder] |
Der Planet mit diesen extremen Temperaturschwankungen trägt den
Namen HD 80606b und liegt rund 190 Lichtjahre von der Erde entfernt. Es handelt
sich um einen Gasriesen, der bereits im Jahr 2001 von einem Astronomenteam der
Genfer Sternwarte entdeckt wurde. Damals hatten die Wissenschaftler aufgrund
eines leichten Wackelns des Sterns auf die Existenz des Planeten geschlossen,
der eine Bahn hat, die mehr dem Orbit eines Kometen gleicht als der eines
Planeten. Der Planet entfernt sich auf dieser Bahn bis auf etwa 85 Prozent der
Entfernung der Erde von der Sonne von seinem Zentralstern, nähert sich aber dann
wieder
auf nur drei Prozent der Entfernung Erde-Sonne an.
HD 80606b benötigt für einen Umlauf etwa 111 Tage. Die meiste
Zeit hält sich der Planet in relativ großer Entfernung von seinem Zentralstern
auf und durchläuft den sonnennächsten Bereich seiner Bahn in weniger als
einem Tag. Dies ist eine Folge des zweiten Kepler'schen Gesetzes.
Mit dem Weltraumteleskop Spitzer konnten die Astronomen nun die Wärme messen,
die der Planet aussandte, als er sich seinem Stern näherte. Seine Temperatur
stieg dabei in nur sechs Stunden von rund 525 Grad auf über 1.200 Grad Celsius.
"Wir haben wohl die Entwicklung eines der heftigsten Stürme in der Galaxie
beobachtet", meint Greg Laughlin vom Lick Observatory. "Es ist das erste Mal,
dass wir Wetteränderungen in Echtzeit auf einem Planeten außerhalb des
Sonnensystems beobachten konnten." Laughlin ist auch Hauptautor eines
Fachartikels, der heute in der Zeitschrift Nature erscheint.
"Wenn man über den Wolken des Planeten schweben könnte, würde man sehen wie
die Sonne immer schneller größer und größer wird und sich ihre Helligkeit fast
um einen Faktor 1.000 erhöht", erläutert Laughlin. Mit Spitzer haben die
Astronomen den Planeten vor, während und nach seiner dichtesten Annäherung an
seinen Zentralstern beobachtet. Dabei verschwand der Planet auch kurze Zeit
hinter seinem Stern.
Die extremen Temperaturschwankungen deuten darauf hin, das die obere
Lufthülle des Planeten Wärme sehr schnell aufnehmen und auch wieder abgeben
muss. Erstmals gelang damit den Forschern ein Einblick in den Wärmehaushalt
eines extrasolaren Planeten. "Durch die Beobachtung dieses Planeten unter diesen
extremen Bedingungen können wir einiges darüber lernen, wie er mit Wärme
umgeht. Speichert er sie oder strahlt er sie gleich wieder ab? In diesem Fall
ist klar, dass der Planet die Wärme gleich wieder abstrahlt", so Laughlin. "Im
Prinzip konnten wir hier eine Art Gedankenexperiment machen, nämlich was
passieren würde, wenn man einen Planet wie den Jupiter in unmittelbare Nähe der
Sonne zieht."
Astronomen kennen zahlreiche extrasolare Gasriesen, die ihre jeweilige Sonne
in großer Nähe umrunden. Diese sogenannten "heißen Jupiter" haben aber eine
relativ konstante Entfernung von ihrem Zentralstern und zeigen - genau wie unser
Mond der Erde - ihrer Sonne immer die gleiche Seite. HD 80606b hingegen dreht
sich alle rund 34 Stunden einmal um die eigene Achse.
Aus diesem Grund konnten
die Astronomen auch studieren, wie die Atmosphäre des Planeten auf die Hitze der
Sonne reagiert. "Der Planet dreht sich schnell genug, so dass wir den heißesten
Punkt des Planeten auch sehen können", erläutert Teammitglied Drake Deming vom
NASA Goddard Space Flight Center. "Der heißeste Punkt kann sich nicht
verstecken."
Die Sonne, die HD 80606b umrundet, liegt im Sternbild Großer Bär und ist
schon mit einem Fernglas zu sehen. Spannend wird es am Valentinstag, wenn HD
80606b vor seiner Sonne vorüberzieht. Mit einer Chance von etwa 15 Prozent ist
dies von der Erde aus als sogenannter Transit zu sehen - der Planet könnte seine Sonne
also ein wenig verdunkeln. Sollte dies tatsächlich passieren, könnten die
Astronomen noch mehr Details über diese ungewöhnliche Welt in 190 Lichtjahren
Entfernung erfahren.
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