Antennen-Galaxien
näher als gedacht
von Stefan Deiters astronews.com
9. Mai 2008
Die Antennen-Galaxien gehören wohl mit zu den bekanntesten
wechselwirkenden Galaxien überhaupt. Jetzt stellten Astronomen mit Hilfe des
Weltraumteleskops Hubble fest, dass die beiden Galaxien uns rund 20
Millionen Lichtjahre näher sind als bislang angenommen. Manche Objekte in den
beiden Galaxien erscheinen damit in einem ganz anderen Licht.
Die Antennen-Galaxien mit den Katalogbezeichnungen NGC 4038 und
NGC 4039 sind unter Astronomen so etwas wie ein Standardbeispiel für
wechselwirkende Galaxien: Vor mehreren Hundert Millionen Jahren begannen die uns
verhältnismäßig nahen Galaxien sich gegenseitig zu beeinflussen. Es entstanden
eindrucksvolle Gezeitenarme und Regionen, in denen gerade mit hoher Rate neue
Sterne entstehen. So bildete sich ein eindrucksvolles Galaxienpaar, das immer
wieder zur Überprüfung von Theorien zur Galaxienentwicklung herhalten muss.
Ein internationales Astronomenteam unter der Leitung von Ivo Saviane von der
Europäischen Südsternwarte ESO nutzte das Hubble-Weltraumteleskop nun
dazu, einzelne Sterne zu beobachten, die durch die Kollision der beiden Galaxien
entstanden sind. Sie visierten dazu eine relativ ruhige Region am Ende des
südlichen Gezeitenarms an und suchten ältere Roten Riesensterne. Diese Sterne
erreichen in dieser Phasen nach den Theorien der Sternentwickler eine bestimmte
Maximalhelligkeit, aus der man dann auf die Entfernung der Riesen schließen
kann.
Als die Forscher nun aber die Farben und Helligkeiten der Roten Riesensterne
bestimmten und somit auch die Entfernung der Galaxien, erlebten sie eine
Überraschung: Die Antennen-Galaxien sind uns deutlich näher als lange Zeit
angenommen. Galten bislang 65 Millionen Lichtjahre als beste Schätzung für die
Entfernung, muss dieser Wert jetzt auf 45 Millionen Lichtjahre korrigiert
werden.
Die neue Entfernung ist für die Forscher von großer Bedeutung: "Alle neuen
Modelle der Galaxienentwicklung müssen die Beobachtungen in den
Antennen-Galaxien wiedergeben können, genauso wie jedes Modell eines Sterns, die
Eigenschaften unserer Sonne reproduzieren können muss", erläutert Saviane.
"Genaue Modelle aber erfordern exakte Angaben der Parameter von solchen
Galaxienwechselwirkungen. Und einer der wichtigsten Parameter ist die
Entfernung."
Die vorherigen Entfernungsangaben für die Antennen-Galaxien, die bis zu 100
Millionen Lichtjahren reichten, führten dazu, dass uns die beiden Galaxien
extremer erschienen als sie offenbar sind: So nahmen die Astronomen an, dass es
in den Antennen eine extrem hohe Sternentstehungsrate gibt, außerordentlich
massereiche Sternhaufen und extrem helle Röntgen-Quellen. Nur so konnte
man nämlich die beobachteten Helligkeiten in der angenommenen Entfernung
erklären.
Der neue Entfernungswert macht die Antennen-Galaxien deutlich gewöhnlicher:
So stimmt etwa mit dem neuen Wert die Strahlung im Infraroten recht gut mit dem
überein, was für eine solche Phase einer Galaxienkollision zu erwarten ist. Die
entstehenden Sternhaufen entsprechen von der Größe her denen in anderen
Galaxienkollisionen und sind nicht um das 1,5-fache größer.
Die Antennen-Galaxien haben ihren Namen von ihren gewaltigen Gezeitenarmen,
die durch die Kollision der Galaxien entstanden sind. Kollisionen und
Verschmelzungen von Galaxien sind in unserem lokalen Universum nicht sonderlich
häufig, spielten aber nach Ansicht der Forscher im jüngeren Universum eine große
Rolle bei der Entstehung von massereichen Galaxien.
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